© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  33/12 10. August 2012

Leserbriefe

Zu: „Rettungshysterie“ von Bernd-Thomas Ramb, JF 32/12

Die EU wird den Euro überleben

150 deutsche Ökonomen haben vor Einführung des Euro gewarnt, daß eine Gemeinschaftswährung für zu unterschiedliche Staaten und Volkswirtschaften scheitern wird. Die JUNGE FREIHEIT schreibt darüber seit Jahren und nun in immer eindringlicheren Artikeln. Es wird Zeit, daß laute Empörung zu den guten Argumenten kommt. Was sich Bundeskanzlerin Merkel, Finanzminister Schäuble, Oppositionsführer Gabriel und EU-Parlamentspräsident Schulz und ihre Entourage mittlerweise leisten, ist ein Verbrechen am deutschen Volk (politisch-menschlich, wenn auch nicht juristisch). Die Südeuropäer sind ruiniert und zunehmend voll Haß auf die Deutschen. Der Bundestag beschließt ein Ermächtigungsgesetz zugunsten des ESM und entäußert sich seiner Kernkompetenz. Die lange Kette der falschen Euro-Beruhigungsprognosen und Versprechen („Es wird keine Haftung für Fremdschulden geben“) hat unserer politischen Elite den Rest ihrer Glaubwürdigkeit gekostet.

Als der Zweite Weltkrieg nicht mehr zu gewinnen war, rief General der Infanterie von Stülpnagel im Führerhauptquartier an und rief verzweifelt: „Macht endlich Schluß.“ Doch die „Elite“, die die damalige Katastrophe losgetreten hatte, fürchtete das Ende und machte weiter. Auch Frau Merkel, die Herren Schäuble, Gabriel und Schulz wissen, daß das Ende schlimm sein wird und machen weiter. Sie geben vor, daß das europäische Projekt scheitert, wenn das der Euro tut und lenken so von ihrem eigenen Scheitern ab. Die EU wird den Euro-Scherbenhaufen aber überleben. Frau Merkel, nun reicht’s!

Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof, Buxtehude

 

 

Zu: „Turbo fürs Schnitzel“ von Michael Howanietz, JF 32/12

Schlimme Desinformation

Der Autor berichtet zunächst ganz sachlich über die Untersuchung des Österreichischen Forschungsinsituts für Chemie und Technik (Ofi), die Reifezeit von Fleisch durch eine Stoßwellenbehandlung zu verkürzen. So weit, so gut. Doch der zweite Aspekt, den er anspricht, dürfte nicht nur im Ofi, sondern auch bei allen naturwissenschaftlich-technisch habwegs gebildeten Lesern mit Kopfschütteln quittiert werden. Denn seine Behauptung, Wasser würde Informationen speichern und transportieren, so daß der Konsument über den Wassergehalt des Fleisches Informationen über das Leben des geschlachteten Tieres erhalte, ist eine schlimme Desinformation.

Prof. Dr. Dr. Hans e. Müller, Braunschweig

 

 

Zu: „Karlsruhe läßt sich nicht drängen“ von Dieter Stein, JF 30-31/12

Ruinieren will gelernt sein

Wenn man in einem Lehrbuch nachschlägt, wie man eine Volkswirtschaft am nachhaltigsten und schnellsten ruinieren kann, so tritt man einem Währungsraum bei, der aufgrund der eigenen Wettbewerbsfähigkeit eine überteuerte Inlandswährung hat, läßt Lohnerhöhungen zu, die weit über dem eigenen Produktivitätsfortschritt liegen und erlaubt sich eine Staatsverschuldung, die bei fehlender Wettbewerbsfähigkeit zur Überschuldung und damit sehr hohen Zinsen führen muß (Südeuropa). Gleichzeitig dereguliert man die Finanzmärkte und liefert die Politik und die Realwirtschaft den Launen der Finanzmärkte vollständig aus (Euro-Zone). Anschließend versucht man, die Symptome der Krise anstatt die Ursache zu heilen, und zieht immer mehr Länder mit in den Sumpf. Mit jedem weiteren mißglückten Rettungsversuch ähnelt das Euro-Projekt zunehmend dem Turmbau zu Babel.

Rainer Kuczewski, Oldenburg

 

 

Zu: „Die neue Führungsmacht“ von Ralph Schoellhammer, JF 30-31/12

Gewarnt seit Edward Gierek

Wir lebten früher im kommunistischen Polen. Alle armen Ostblockländer mußten da der Sowjetunion in allem helfen, obwohl sie selbst nur wenig zum Leben hatten. Dies war ein Muß, nach dem Rat der Wirtschaftshilfe in Moskau. Nun leben wir im kapitalistischen Deutschland, und wir alle helfen zusammen mit Finnen, Österreichern und Holländern den verschuldeten Ländern der Eurozone, bis wir selbst verarmen. Das ist auch ein Muß, diesmal aus Brüssel und Wa­shington. Franz Josef Strauß hatte recht: Es ist so, als säße das Zentralkomitee aus Moskau jetzt in Brüssel. Deutschlands Status als Welt- und EU-Führungsmacht kommt nur durch das Geld. Wenn dieses alle ist, gibt es keinen nennenswerten Nettozahler mehr. Was dann? Wer unterstützt uns im Elend? Die USA, die permanent gegen den Euro und gegen die EU handeln? Diese vermeintliche Euphorie hatten wir einst in Polen erlebt, wenn Generalsekretär Edward Gierek uns weismachte, daß Polen die zehntstärkste Industrie der Welt sei.

Withold Julius Tyc & Genoveve Kalisch-Tyc, Idstein

 

 

Zu: „Die alten Irrtümer“ von Vera Lengsfeld, JF 30-31/12

Umverteilung wie in der UdSSR

Frau Lengsfeld spricht mir aus der Seele. Über 50 Jahre habe ich in der ehemaligen UdSSR gelebt und die Absurditäten des Systems durchlitten. Bei den Dienstreisen in die Großstädte stellten wir uns ständig die Frage: „Kuda my idem?“ – Wohin gehen wir? Die Ursache des Übels war die kommunistische Verstaatlichung der Produktionsmittel und der Arbeit, denn nur wer über die Ergebnisse seiner Arbeit verfügt, ist frei. Die heutige Umverteilung in Staat und EU hat dasselbe an sich wie früher.

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

 

Zum Schwerpunktthema: „Das Ethos des Verrats“, JF 29/12

Ein unmöglicher Begriff

Ein Ethos des Verrats kann es nicht geben! Der Verrat als solcher widerspricht dem, was wir unter Ethos verstehen und meinen. Ethos ist ein auf Ideales hinweisender Begriff, Verrat dagegen etwas Verwerfliches, eine dem Ethos entgegengesetzte Handlung. Das Gegenteil von Verrat heißt Treue, die sich wiederum aus dem Begriff des Vertrauens herleitet. Es kann also in der JF-Reflexion des 20. Juli nicht darum gehen, den Verrat als solchen zu würdigen. Vielmehr geht es um den Widerstand gegen Hitler und dessen Weg ins Verderben. Dahinter steht ein von Ethik geleiteter Entschluß. Der Antrieb erfolgte aus edler, selbstloser Überzeugung, dem Unglücksweg Hitlers nicht anders als mit einem Verrat Einhalt gebieten zu können. Der Verrat wird dadurch nicht aufgewertet, er kann auch niemals gutgeheißen oder ethisch aufgewertet werden. Doch die Tat unter solchen besonderen Notlagen verdient Hochachtung und bleibt gedenkwürdig.

Cornelius Werhahn, Kirchnüchel

 

Überhöhter Blickwinkel

Mit großem Interesse habe ich Ihre Beiträge über den 20. Juli 1944 gelesen. Ihr Interviewpartner verrät jedoch den geistig überhöhten Blickwinkel des Historikers, ohne die Gedanken der Landser in den Gräben und Auffangstellungen zu kennen oder sie zu berücksichtigen. Ich selbst geriet mit einem Österreicher am 12. Juli 1944 in russische Gefangenschaft – dank eines russisch-jüdischen Leutnants, der uns vor dem Erschießen bewahrte. Für uns war der damalige Vorgang ein Vaterlandsverrat ohnegleichen. „Solange gesiegt wurde, wollten sie alle dabei sein. Jetzt aber, wo wir (dauernd) verlieren, versuchen verschiedene Burschen Hitler umzubringen, um ihr Fell zu retten ...“ – dies war die allgemein gängige Meinung der Frontsoldaten.

Theodor Finke, Bremen

 

 

Zu: „Wider den Wahnsinn“ von Michael von Prollius, JF 29/12

Skrupellose Taktiker

„... geholfen wird statt dessen der Wall Street, der City of London ...“, kritisieren über 200 Ökonomen die Euro-Rettungspolitik. Das alte Lied: Die Reichen profitieren, die Unterschicht gerät mehr und mehr in existentielle Schwierigkeiten, wie es jetzt bereits in einigen Ländern Südeuropas der Fall ist und wahrscheinlich in den nächsten Jahren auch viele Menschen in unserem Lande treffen wird. Das Gemeine daran: Skrupellose Taktiker der finanziellen Herrscherklasse haben genügend Erfahrung darin, wie ich vermute, und leider auch dazu die Medienmacht, wie man andere zu Sündenböcken macht. Natürlich kennen diese Leute die Angst vieler Deutscher vor erneuter Alleinschuldzuweisung. Das Abstimmungsergebnis zum Fiskalpakt im Deutschen Bundestag bestätigt, wie schlau sie sind.

Rudolf Taubitz, München

 

 

Zu: „Noch-nicht-Formel“ von Tobias Kretschmann, JF 29/12

Ungeteilte staatliche Gewalt

Die Gewaltenteilung, die Trennung der Hauptfunktionen eines Staates in die Legislative, die Exekutive und die Jurisdiktion, ist bekanntlich die Voraussetzung für eine echte Demokratie. In einem Staat, in dem die Gewaltenteilung nicht mehr gegeben und die Justiz der Politik hörig ist, sind die Bürger einer ungeteilten staatlichen Gewalt hilflos ausgeliefert.

Wir alle, die wir zu Recht Angst um die Zukunft unseres Landes haben, hoffen jetzt, unser höchstes Gericht in Karlsruhe möge endlich durch ein klares Urteil den von der Politik eingeleiteten unheilvollen Weg der Abschaffung Deutschlands als souveränem Staat zugunsten eines Euro-Bundesstaates stoppen und den ESM als verfassungswidrig erklären. Doch es ist zu befürchten, daß die Gewaltenteilung bei uns nur noch auf dem Papier existiert, da die Richter der höchsten Instanz nach dem Parteienproporz ins Amt berufen wurden und mit der Parteipolitik viel zu eng verbunden sind. So wird es wohl in Karlsruhe wieder nicht mehr als zu einem wachsweichen „man sollte nicht“ reichen, das ganz in die Salamitaktik der politischen Strippenzieher paßt und diesen den Weg ebnet.

Herfried Weber, Heilbronn

 

 

Zu: „Kampf um die Vorhaut“ von Birgit Kelle, JF 28/12

Schutzbefohlene Schöpfung

Gottes Schöpfung ist vollkommen. Zu ihr gehört auch der vollkommene Körper des Menschen. Die Vorhaut am Körper des Mannes erfüllt offensichtlich eine Schutzfunktion. Wer sie operativ entfernt, beeinträchtigt diese Schutzfunktion und damit auch die Vollkommenheit des männlichen Körpers, erteilt selbstüberheblich Gott Nachhilfeunterricht, wo keiner zu erteilen ist, und begeht im Sinne unseres Strafrechts eine gefährliche Körperverletzung.

Dr. jur. Georg Meinecke, Kiel

 

 

Zu: „Mit Konfetti in den Ruhestand“ von Marcus Schmidt, JF 28/12

Selbstmörderischer Staatsschutz

Was ist das für ein anormaler, von der Regierung abgesegneter sogenannter „Verfassungsschutz“, der zwielichtige Typen anheuert und bezahlt, um junge Menschen aufzuhetzen und aufzuwiegeln und um sich dann später als Entdecker rechtsradikaler Gewalttaten brüsten zu können? In den achtziger Jahren wurde Michael F. wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, der in der rechten Szene als V-Mann aktiv gewesen war. 1984 kam heraus, daß Joachim Apel, V-Mann des Verfassungsschutzes, Waffen besorgt und bei Brandanschlägen geholfen hatte. 1992 wurde Carsten Szcepanski wegen Mordversuch verurteilt. Auch er stand auf der Gehaltsliste des VS. 1999 wurde ein Michael Grube wegen eines Brandanschlages verurteilt, auch er war vom VS monatlich bezahlt worden. Im Jahr 2000 beging Michael Berger, nach einem dreifachen Polizistenmord, Selbstmord – auch er ein bezahlter V-Mann. Diese unvollständige Liste führt bis zum V-Mann Tino Brandt, dem Gründer, Einpeitscher und Beschaffer des „Thüringer Heimatschutzes“, aus welchem die „Terror-Zelle NSU“ hervorgegangen sein soll. Angeblich hat er in seiner Zeit für den VS von 1996 bis 2001 jährlich bis zu 40.000 D-Mark erhalten. Warum klingeln unseren Bundestagsabgeordneten hierbei nicht die Ohren?

Rolf Lorenz, Gummersbach

 

 

Zu: „‘Reif werden und rein bleiben’“ von Ulrich Sauer, JF 28/12

Sentenz für das Stammbuch

Der Beitrag veranlaßte mich, mir das schmale Bändchen „Der Wanderer zwischen beiden Welten“ wieder einmal vorzunehmen. Es mag sein, daß Walter Flex passé ist. Seine Worte jedoch, nachdem er sich freiwillig zur Westfront gemeldet hatte, bleiben von zeitloser Gültigkeit: „Es ist nicht damit getan, sittliche Forderungen aufzustellen, sondern man muß sie an sich vollstrecken, um ihnen Leben zu geben.“ Allein diese Sentenz zeugt von einer Gesinnung, wie sie heute leider nur noch selten anzutreffen sein dürfte. Man sollte diesen Satz allen Angehörigen des politischen und sonstigen (insbesondere auch des kirchlichen) Establishments ins Stammbuch schreiben.

Herbert Beer, Köln

 

Der „Wanderer“ erschien doch

Es erschienen sehr wohl Neuausgaben einzelner Werke von Walter Flex! Mir liegt etwa der „Wanderer“ im 1003.Tausend von 1979 (Orion-Heimreiter-Verlag) vor. Die Gedichte in diesem Werk sind wohl das Beste aus seiner Feder.

Hansjürgen Auwärter, Bad Wimpfen

 

 

Zu: „In den Fängen von Kriminellen“ von Matthias Bath, JF 28/12

Erinnerung an Robert Bialek

Bei den Recherchen zu meinem Buch „Gewissenskonflikt – Erinnerungen eines Zeitzeugen zum Streitkräfteaufbau in der DDR“ war ich auf den Namen Robert Bialek (1915–1956) gestoßen. Dieser intelligente Antifaschist war bereits auf dem FDJ-Gründungskongreß 1946 ein unbequemer Funktionär gewesen. Sein „Scheitern“ verdankte er vor allem seiner furchtlosen Kritik an Erich Mielke wegen dessen Umgang mit Untergebenen. Nach Parteiausschluß und Haftbefehl war er 1953 nach West-Berlin geflohen, bis er 1956 vom MfS entführt und ermordet wurde. Sein Schicksal fehlt bis heute in manch einschlägiger Chronik.

Helmut Ziegner, Neubrandenburg

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