© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  32/12 03. August 2012

Frisch gepresst

Psycho. Wenn sich Psychologen selbst gerne als – der nun endlich wissenschaftlich gewordene – Nachfolger des Priesters betrachten, so muß dieser Berufsstand auch mit dem Vorwurf leben, dem dieser ausgesetzt ist – dem Priesterbetrug. Wozu gibt es eigentlich Psychologen? Wäre die Welt nicht ohne sie die gleiche, oder vielleicht sogar eine bessere? Mit Augenzwinkern widmet sich Burkhard Voß, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, mit seinem „Kleinen Lexikon psychologischer Irrtümer“ den Neurosen einer ganzen Seelen-Industrie. Mit spitzer Feder wird knapp und prägnant von A bis Z aufgespießt, was sonst hinter dem Weihrauch medizinischer Definitionen verbleibt: „Damit es etwas klarer wird: Der Neurotiker baut Luftschlösser, der Psychotiker wohnt darin – und der Therapeut kassiert die Miete.“ Nützlich für den täglichen Umgang mit dem Psychologen seines Vertrauens – meistens der Patient selbst – ist auch der „Terminologie-Generator“, ebenso wie die „Anleitung zur Erfindung einer psychischen Krankheit“. Bleibt noch auf den Therapieansatz hinzuweisen, von dem offensichtlich der Autor selbst häufig Gebrauch macht: Lachen ist die beste Medizin. (cs)

Burkhard Voß: Kleines Lexikon psychologischer Irrtümer. Von Abhängigkeit bis Zwangsneurose. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2012, gebunden, 140 Seiten, Abb., 12,99 Euro

 

Korporation. Als Glied der Zivilgesellschaft hat man jeder noch so exzentrischen Randgruppe und den buntesten Vögeln Toleranz zu zollen. Allerdings gilt das natürlich nicht für Korporationsstudenten, die trotz ihres eigentlich exotischen Andersseins von Linken gern durch die Bank als sexistische, rassistische, völkische usw. Unholde gebrandmarkt werden. Karsten Hohage, Mitglied einer Sängerschaft, hat mit der launigen Schilderung seiner Aktivenzeit nun manch Erhellendes aus diesem Milieu geboten, wobei er nicht nur das Banale und eigentlich wenig Geheimnisvolle seiner „Männer-WG mit Trinkzwang“ schildert, sondern leichtfüßig allerlei Bräuche und Riten der „Korpos“ erklärt. Auch wenn sein Erfahrungsschatz schon etwas angereift ist – Hohage war vor knapp 25 Jahren aktiv – und der etwas bemüht lässige Sprachstil nervt, verabreicht der Autor mit seinem kleinen Buch dem nichtkorporierten Teil der Gesellschaft eine lehrreiche Fuxenstunde. (bä)

Karsten Hohage: Männer-WG mit Trinkzwang. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2012, broschiert, 282 Seiten, 9,99 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

5. August 1987: Der niedersächsische Justizminister Walter Remmers (CDU) kritisiert die Absicht der SPD-regierten Bundesländer, die Finanzierung der Zentralen Erfassungsstelle Salzgitter einzustellen. Dort werden DDR-Menschenrechtsverletzungen dokumentiert.

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