© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  30-31/12 20. Juli / 27. Juli 2012

Haltungsnote
Der Gewerkschaftsökonom
Christian Schwiesselmann

Je mehr Wirtschaftsweise ein Land hat, desto weniger brummt die Wirtschaft. Diese Faustregel galt zumindest im Realsozialismus, der immer mehr Ökonomen und immer weniger weltmarktfähige Waren produzierte. Die zahlreichen „Star-“ und „Topökonomen“ hierzulande in all ihren staatlich alimentierten Instituten sind da ein schlechtes Omen.

Gustav Horn zum Beispiel ist als Meinungsproduzent aus der deutschen Wirtschaftspresse nicht mehr wegzudenken. Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hat kürzlich den Protestbrief von Hans-Werner Sinn und weiteren 200 Kollegen seiner Zunft gegen die Bankenunion in der Euro-Zone scharf kritisiert. „Es wäre schon ein Fortschritt, wenn Hans-Werner Sinn und seine Kollegen einsehen würden, daß sie sich mit ihrem sarrazinesken Aufruf massiv im Ton vergriffen haben“, keilte er im Handelsblatt in Richtung des ifo-Chefs. Dieser hatte davor gewarnt, daß die „Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas“ für die Absicherung der Bankschulden in den südlichen Pleitestaaten haften müssen.

Für Gewerkschaftsökonom Horn, der 2004 als Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung entlassen wurde, ein klares Foulspiel mit der „nationalen Karte“, wie der 57jährige in der Märkischen Allgemeinen herumschulmeisterte. Tatsächlich dürfte der außerplanmäßige Professor an der Uni Flensburg dem in München lehrenden „Dickschädel unter den Wirtschaftsprofessoren“ (FAZ) den Status als Talkshowdauergast neiden. Im Gegensatz zu dem SPD-Haus- und Hof-Keynesianer hat sich Sinn in der Euro-Krise einen staatskritischen Geist bewahrt. Von Horn in die Nähe Sarrazins gerückt zu werden, spricht dafür, daß seine Euro-Kritik sitzt.

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