© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

Frisch gepresst

Islam. Spätestens seit der sich mittlerweile zur Ruhe gesetzte Bundespräsident Christian Wulff (CDU) 2010 den Islam als zu Deutschland gehörig ausgerufen hatte, beanspruchen auch islamische Autoren einen Teil der Deutungshoheit über die deutsche Identität. So auch der FAZ- und DLF-Journalist Eren Güvercin. Deutschland brauche keine integrierten Muslime westlichen Zuschnitts, sondern „Neo-Moslems“: Selbstbewußte und traditionsbewußte, in Deutschland geborene und lebende Muslime. Güvercin hat ein erfreulich offenes Verhältnis zu Deutschland und wehrt sich gegen die Ideologie eines beliebigen Multikulti. Sich unter anderem auf Goethe berufend, sieht er im Islam einen prägenden Bestandteil neuer abendländischer Identität. Freilich blendet Güvercin für diese ganz eigene Definiton einer „west-östlichen Leitkultur“ das Christentum fast gänzlich aus. Im Vorwort erklärt Feridun Zaimoglu den deutschen Muslim zum „jungen Gläubigen deutschen Sinnes“. Interessant ist Güvercins Lamento, daß besonders seit dem 11. September 2001 der Islam „in der Öffentlichkeit in erster Linie als eine politische Bewegung oder Ideologie verstanden wird“. Daß gerade aus den einschlägigen islamischen Verbänden bei religiös motivierten Übergriffen, wie jüngst jenen der Salafisten, meist nur Abwiegelungsrhetorik zu vernehmen ist, kann der Initiator der „Alternativen Islamkonferenz“ jedoch nicht schlüssig erklären. Dafür ist er um so schneller bei der Hand, wenn es gilt, Islamkritik pauschal als unwissenschaftlich zu brandmarken. (js)

Eren Güvercin: Neo-Moslems. Porträt einer deutschen Generation. Herder Verlag,  Freiburg im Breisgau 2012, broschiert, 200 Seiten, 14,99 Euro

 

Historisches Kalenderblatt

14. Juli 1982: Die SPD/FDP-geführte Bundesregierung beschließt, die Rückkehr von Ausländern in ihre Herkunftsstaaten durch zeitlich begrenzte finanzielle Anreize zu fördern und den Nachzug von Angehörigen der Gastarbeiter in die Bundesrepublik zu bremsen.

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