© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

Kritik an Steuersparmodell bei Porsche-Übernahme durch VW
Brüderles Löcher
Paul Rosen

Mächtig trumpfte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle auf: „Das mag alles legal sein, zeigt aber, wie dringend wir ein einfacheres und gerechteres Steuerrecht brauchen.“ Anlaß für Brüderles Intervention ist der VW-Konzern, der das deutsche Steuerrecht ganz legal bis zum Anschlag ausreizt: Zum Kaufpreis von rund 4,5 Milliarden Euro für Porsche packt VW eine Stammaktie von vielleicht 130 Euro Wert dazu, und der ganze Deal kann 2012 steuerfrei über die Bühne gebracht werden. „Von so viel Nachsicht können viele Handwerker nur träumen“, schoß Brüderle noch hinterher.

In Zeiten, wo die Finanzämter selbst Verkäuferlisten bei Ebay kontrollieren und Privatleuten steuerpflichtiges gewerbliches Agieren unterstellen, mutet in der Tat merkwürdig an, daß ein Autohersteller den Besitzer wechselt und die Steuern mit einem Einsatz von einer Aktie, die den Kauf zur Umstrukturierung macht, vermieden werden können. Allerdings muß sich Brüderle eine Frage gefallen lassen: Seit drei Jahren regiert seine FDP im Bund mit, und diese Steuerlücke ist nicht zum ersten Mal genutzt worden, auch wenn die anderen Fälle im Vergleich zu VW/Porsche kleine Fische waren. Derselbe Brüderle, der jetzt das Durchschlüpfen von VW beklagt, hat in der Koalition für genügend Löcher im Steuerrecht gesorgt. Das größte wurde übrigens für die Hotelbranche mit Absenkung der Mehrwertsteuer geschaffen. Aber auch Banken wußten, wo sie anzurufen hatten, wenn sie irgendwo durchschlüpfen wollten: Mit Brüderles Einverständnis müssen Banken in den Rettungsfonds so wenig einzahlen, daß die Beiträge in hundert Jahren noch nicht reichen, um eine Bank vor dem Zusammenbruch zu retten.

Übrigens: Brüderles Parteifreunde in Niedersachsen sind über die Landesregierung mit 20 Prozent an VW beteiligt. Sie hätten das Durchschlüpfen durchs Steuerloch sicher verhindern können. Aber so ist das im Leben: Der Brandstifter ruft am lautesten nach der Feuerwehr.

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