© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

Nach 43 Jahren kommt das Aus für Bundesschatzbriefe
Das falsche Signal
Jens Jessen

Die Bundesschätzchen sollten ein Gegenmodell zum Volkseigentum der früheren DDR werden“, sagt Wilhelm Hankel, der Erfinder dieser besonderen festverzinslichen Wertpapiere des Bundes. Die Bundesschatzbriefe seien gedacht gewesen als Türöffner für einen „Kapitalmarkt der kleinen Leute“, so der damalige Ministerialdirektor im Wirtschaftsministerium. Doch gebührenfreie Renditen von sieben Prozent und mehr werden ab 2013 genauso Geschichte sein wie die Bundesschatzbriefe selbst.

Eigentlich haben Anleger und Fiskus durch dieses Geschäft beide gewonnen. Verkaufte der Bund viele Wertpapiere an Privatanleger, wurde er unabhängiger von in- und ausländischen Großinvestoren und ihrem Erpressungspotential, der Fiskus konnte sich günstiger verschulden. Sparer liehen einem der weltweit sichersten Schuldner ihr Geld und kassierten Zinsen – ohne die bei Banken fälligen Gebühren. Doch die letzte Emissionsreihe hat nur noch magere 0,83 Prozent Zinsen gebracht. Damit waren diese Bundesschatzbriefe nicht nur schlechter verzinst als die meisten Tagesgeldkonten, sondern auch schlechter als deutsche Staatsanleihen gleicher Laufzeit.

In den ersten Jahrzehnten waren die Bundesschatzbriefe allerdings ein Erfolgsmodell. 570 Ausgaben liefen vom Stapel, 146 laufen jetzt noch. 1990 waren Privatanleger zu rund 15 Prozent Geldgeber des Staates. Noch im Frühjahr 2008 sollte eine „Tages­anleihe“ im großen Stil den Tagesgeldkonten der Banken Konkurrenz machen. Von der Finanzagentur des Bundes wurde an inflationsgesicherten Schatzbriefen und fondsähnlichen Produkten gearbeitet. Bis 2013 sollte der Anteil ihrer Privatkunden auf drei bis fünf Prozent steigen.

Die Träume einer bürgerfinanzierten Republik sind schnell zusammengebrochen. Der Brutto­absatz von Bundesschatzbriefen ist von 2,3 Milliarden (2002) bis April 2012 auf 81,6 Millionen gesunken. Zudem wurden die Schuldenmanager des Bundes durch Banken und Sparkassen wegen ihrer Privatanlegerpläne unter Beschuß genommen – die sei ein Verstoß gegen die Soziale Marktwirtschaft, sprich: die Banken haben schon am Schatzbrief nichts verdient. Besonders laut war damals Bankenpräsident Klaus-Peter Müller, dessen Commerzbank wenig später mit Steuermilliarden vom Staat vor dem Untergang gerettet werden mußte.

Inzwischen dominieren aber vermeintliche Finanzprofis auch den Markt für Bundeswertpapiere. Kleinanleger stören da wohl nur noch. Mitten in der Euro-Schuldenkrise ist es jedoch das falsche Signal, dem einfachen Bürger einen sicheren und kostenfreien Anlagehafen zu schließen. Aufgabe des Staates ist, alles zu unterlassen, was dem Kleinsparer signalisiert, daß er dem Bund egal ist. Wenn alle Welt in die sicheren deutschen Anlagen investiert, kann man die eigenen Bürger von den deutschen Anlagen nicht ausschließen.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen