© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

Beschluß über den ESM-Vertrag
Sie fürchten das Volk
Martin Graf

Die selbsternannte Euro-Elite hat die Mitgliedsstaaten mit gigantischen Bedrohungsszenarien zum Beschluß des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erpreßt, den nun auch Österreichs Parlament mit den Stimmen von Sozialdemokraten, Volkspartei und Grünen willig vollzogen hat. In Verbindung mit dem Fiskalpakt raubt der ESM den Ländern die Souveränität und höhlt die Demokratie aus.

Die ökonomische Schlagkraft ist höchst umstritten, ändern doch die neuen Regeln nichts an den strukturellen Problemen Europas, die längst nicht auf den Euro-Raum beschränkt sind.

Europa hat primär ein demographisches Leiden. Die autochthonen Bevölkerungen schwinden als Folge zu weniger Geburten, die wiederum die Konsequenz konsumorientierter Individualisierung und falscher Familienpolitik sind. Geld wird dafür eingesetzt, den älteren Generationen eine soziale Sicherheit zu bieten, die die Jüngeren und erst recht die Ungeborenen mangels Anzahl nicht mehr bezahlen können. Darin liegt auch eine Wurzel der Schuldenproblematik vieler Staaten.

Die gemeinsame Währung tut nicht mehr, als die Probleme der Staaten miteinander zu multiplizieren. Der ESM verpflichtet dazu, Risiken für andere einzugehen, die kein Land für sich selbst übernehmen würde.

Der Blick auf die Geburtenrate verwandelt die höhere Finanzmathematik der „Euro-Retter“ in eine einfache Rechnung, deren Ergebnis durch die großteils unqualifizierte Zuwanderung aus nichteuropäischen Gegenden weiter ins Negative abgleitet.

Der Bielefelder Bevölkerungswissenschaftler Herwig Birg äußert schon seit Jahren die Sorge, die Demokratie könne durch die Demographie gefährdet werden. Er meinte damit Wählerbewegungen hin zu extremen Parteien, sobald die Menschen auf die Wahrheit stoßen, die ihnen von der Politik jahrzehntelang verschwiegen wurde. Für Griechenland erwies sich diese Prognose bereits als zutreffend.

Vor dem Zorn der Bürger schützen sich die bedrängten Eurokraten, indem sie den Völkern jede Mitsprache rauben und die Demokratie von oben herab ausschalten.

 

Dr. Martin Graf ist FPÖ-Politiker und seit 2008 Dritter    Präsident des österreichischen Nationalrats.

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