© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  29/12 13. Juli 2012

Debatte um Neufassung des Meldegesetzes
Unglaubwürdig
Ronald Gläser

Der Streit um die Reform des Meldegesetzes ist bizarr. Er sagt wenig über die Neuregelung selbst, die nicht so spektakulär ist, wie die Schnappatmung und der hohe Blutdruck der Empörten nahelegen. Interessanter ist, wie Abgeordnete in wenigen Sekunden Gesetze durchwinken, von denen sie hinterher dann nichts gewußt haben wollen. Diese moderne Form der Politikeramnesie ist entstanden, weil die Volksvertreter mit all den Gesetzen überfordert sind. Es wäre besser, wenn sie endlich lernten, konsequent nein zu sagen zu neuen Gesetzen.

Fakt ist: Schon jetzt gehen bestimmte Meldedaten an Parteien (vor Wahlen) oder an die GEZ sowie Unternehmen (jederzeit). Manche Bundesländer, darunter das grün-rot regierte Baden-Württemberg, haben Landesgesetze, die dem neuen Bundesgesetz sehr ähnlich sind. Und doch veranstaltet die linke Opposition nun einen Aufstand. Darauf fällt niemand rein: Die ebenso plötzliche wie künstliche Aufregung über das neue Meldegesetz ist unglaubwürdig. Damit soll von anderen, wichtigeren Dingen abgelenkt werden: vom ESM zum Beispiel.

Die gleichen Politiker, die sich jetzt über vergleichsweise harmlosen Adreßhandel zu Werbezwecken empören, haben keine Probleme damit, gestohlene Schweizer Kontodaten-CDs aufzukaufen, um die darauf befindlichen Daten zur Steuerfahndung zu nutzen. Das ist ein echter Datenschutzskandal.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen