© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  28/12 06. Juli 2012

Verfassungsschutzaffäre
Fataler Verdacht
Marcus Schmidt

Deutschland hat einen handfesten Geheimdienstskandal. Die Löschung von Akten, die im Zusammenhang mit der Mordserie der Zwickauer Terrorzelle standen, und die Flucht von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm in den Ruhestand haben der an undurchsichtigen Details reichen Aufarbeitung der NSU-Morde ein weiteres Rätsel hinzugefügt. Nicht nur die unvermeidlichen Verschwörungstheoretiker, sondern auch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses fragen sich nun, ob der Geheimdienst nicht doch mehr über das Terror-Trio wußte, als bislang bekannt ist – und vielleicht je bekannt werden wird.

Niemand glaubt, daß die „Operation Konfetti“ am 11.11.11 Zufall war. Oder, wie es der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach formuliert, daß jemand in Köln den „Kopierer mit dem Schredder“ verwechselt hat. Ganz bewußt wurden offenbar Spuren von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe vernichtet, die direkt in die Zentrale des Verfassungsschutzes führten. Die Behörde setzt sich damit dem schwer zu widerlegenden Verdacht aus, bei der Mordserie direkt oder indirekt die Hände im Spiel gehabt zu haben. Dadurch wird der Geheimdienst insgesamt in Frage gestellt. Das ist fatal, denn kein Staat kommt ohne verdeckte Zuträger aus. Wer etwas anderes behauptet und die Auflösung der Geheimdienste fordert, wie etwa die Linkspartei oder einige Libertäre, der handelt verantwortungslos und realitätsfremd.

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