© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/12 29. Juni 2012

Lesereinspruch

Reflexartig

Zu: „Den Sonderweg in die Gegenwart verlängern“ von Thorsten Hinz (JF 25/12)

Wenn ein historisch-politischer Autor gleich aus zwei Richtungen kritisiert wird, dann muß er etwas richtig machen. Bei Götz Aly lautet die Kritik von links „Verharmlosung“ und von rechts „Kollektivschuldthese“. Beide liegen falsch.

Was Aly identifiziert, ist der enge Zusammenhang zwischen der Zerstörung der Freiheit und dem Antisemitismus. Dieser entsteht aus der Kombination von geistiger Bequemlichkeit, Denkverboten sowie Neid und Gleichheitswahn. Dann suchen die gefühlt Zukurzgekommenen einen Sündenbock – und haben ihn im Falle Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert in den Juden gefunden. Deren „Verbrechen“: Sie haben die Herausforderung der späten Modernisierung des Reiches leichter und besser gemeistert. Das störte jene, denen Gleichmacherei wichtiger war als Freiheit. So ist es noch heute – was erklärt, warum der moderne Antisemitismus derzeit vor allem im linken Spektrum blüht.

Diese These ist ein wichtiger Beitrag zur Freiheitsdebatte – schade, daß die JUNGE FREIHEIT hier reflexartig ablehnend reagiert, statt diese Vorlage aufzunehmen.

Jens Beckmann, Wendlingen

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