© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  27/12 29. Juni 2012

Muslimbruder ist neuer Präsident von Ägypten
Die Militärs entscheiden
Günther Deschner

Neuer Präsident, neue Politik? Wird Muslimbruder Mohammed Mursi nach innen „islamistisch“ durchregieren? Sich außenpolitisch dem Iran annähern, den Friedensvertrag mit Israel „auf den Prüfstand stellen“? All dies wird, wenn Mursi das wollen sollte, nicht so einfach sein. Denn der Militärrat, der Ägypten seit Mubaraks Sturz fest im Griff hält, hat den Spielraum des Präsidenten erheblich eingeschränkt.

Anstatt ihre Macht nach der Wahl abzugeben, haben Ägyptens Militärführer sie weiter gefestigt – in einer Art lautlosem Staatsstreich. Noch vor Schließung der Wahllokale veröffentlichte der Militärrat eine Verfassungsdeklaration, die garantiert, daß die reale Macht in den Händen der Armee bleibt: Der Militärrat behält die Budgethoheit und das Recht, Gesetze zu erlassen. Er wird den Prozeß der Ausarbeitung einer Verfassung dirigieren und über Krieg und Frieden, über seinen Haushalt und über seine eigene Zusammensetzung selbst entscheiden.

Die Generäle haben sichergestellt, daß Muslimbruder Mursi die Grundfesten ägyptischer Politik, auch der Außenpolitik, schwerlich umstürzen kann. Mursi präsidiert, die Militärs sind an der Macht. Die große und feierliche Inauguration des von ihnen präventiv entmachteten Präsidenten soll zeigen, wie ein Militärsprecher erklärte, daß Ägypten nun eine „moderne Demokratie“ geworden ist.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen