© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/12 15. Juni 2012

Marion Maréchal-Le Pen: Nicht nur die Tochter tritt in die Spuren Jean-Marie Le Pens
Die Enkelin
Friedrich-Thorsten Müller

Wahrscheinlich wird sie von denselben Menschen für ihre Zugehörigkeit zu einer Politikerdynastie kritisiert, die sonst voller Bewunderung etwa vom Kennedy-Clan sprechen. Die Rede ist von Marion Maréchal-Le Pen, der 22jährigen Enkelin von Jean-Marie und Nichte von Marine Le Pen.

Die bisher in Paris lebende hübsche, blonde Jurastudentin wurde rechtzeitig zur Wahl der Nationalversammlung „mit dem Fallschirm“ über dem dritten Wahlkreis der Region Vaucluse „abgeworfen“. Tief im Herzen Südfrankreichs gelegen, gilt der Wahlbezirk seit der Präsidentschaftswahl einmal mehr als Hochburg des Front National (FN). Ihre Tante, Parteichefin Marine Le Pen, erreichte vor zwei Monaten dort mit 31,5 Prozent ihr landesweit bestes Ergebnis. Dieses bestätigte sich jetzt im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen (siehe Seite 7), den Marion Maréchal-Le Pen bravourös mit 34,6 Prozent der Stimmen und mit guten Chancen für die Stichwahl absolvierte. Ein Wahlergebnis, das für den seit fast 25 Jahren dort unangefochtenen UMP-Abgeordneten mit selbst nur dreißig Prozent der Stimmen mehr als peinlich ist.

Kurzzeitig ging das Gerücht um, Jean-Marie Le Pen, der Senior, könne dort nochmals persönlich den Hut in den Ring werfen. Schnell stellte sich aber heraus, daß er vielmehr seiner einzigen politisch aktiven Enkelin den Steigbügel halten wollte. Diese dankt es ihm umgekehrt ganz unverblümt, indem sie als Grund für ihren Wahlantritt dort zuvorderst die „Wiederherstellung der Ehre meines Großvaters“ nannte. In der Region Vaucluse hatten nämlich 1990 Neonazis einen jüdischen Friedhof geschändet, gar eine Kinderleiche ausgegraben, was man lange zu Unrecht dem Front National anlastete.

Marion Maréchal-Le Pen verfügt trotz ihrer Jugend durchaus schon über eine gewisse Wahlkampferfahrung. Bereits als 17jährige kandidierte sie – wenn auch ohne Erfolg – 2008 für die Kommunal- und 2010 für die Regionalwahlen im Großraum Paris. Auf die Frage, wie sie nun für einen Wahlkreis antreten könne, den sie gar nicht kenne, antwortete sie souverän, selbst François Hollande käme nicht aus seinem Wahlkreis in der Corrèze und überhaupt ginge es bei einer Parlamentswahl nicht um „lokale Straßenbahnlinien“.

Was ihre Anliegen betrifft, setzt auch sie auf die „harten“ Themen Sicherheit, Einwanderung und Nation, die die Menschen im von Kriminalität und Arbeitslosigkeit geprägten Midi, also Südfrankreich, stark beschäftigen. Gleichzeitig steht sie für das hübsche, weibliche und humane Antlitz des FN und ist damit, ganz wie ihre Tante, wohl so etwas wie der „perfekte Sturm“ für ihren Wahlkreis. Man darf gespannt sein, ob ihr tatsächlich am Sonntag der Sieg in der Stichwahl gelingt. Für den Fall hat sie schon angekündigt, ihren Wohnsitz in den Wahlkreis zu verlegen, so daß sie nur noch als Gast nach Paris zurückkehren würde.

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