© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/12 08. Juni 2012

An Arterienverkalkung ist noch keine gestorben
Tierversuchsgegner küren die Atherosklerose-Maus zum Tier des Jahres, um auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen
Richard Stoltz

Einfälle muß man haben. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte hat die sogenannte Atherosklerose-Maus zum Tier des Jahres 2012 erklärt. Die Pointe dabei: Die Atherosklerose-Maus gibt es gar nicht, jedenfalls nicht in freier Wildbahn und nicht einmal in unseren Kellern oder auf unseren Hausböden. Die Atherosklerose-Maus, manchmal auch AS-Maus genannt, existiert nur in den Forschungslaboratorien unserer biotechnischen Versuchsanstalten.

Biologen haben sie schon vor vielen Jahren erschaffen, indem sie die Genstruktur einiger normaler Hausmäuse veränderten. Man wollte damit der Atherosklerose (Arterienverkalkung) experimentell auf die Schliche kommen, einer bekanntlich beim Menschen sehr schlimmen Krankheit.

Einige Hausmäuse wurden also mit skleroseverdächtigen Genen geimpft, lebten danach aber munter weiter und vererbten die neuen Gene auch. Inzwischen gibt es viele Stämme und Unterarten, die mitteleuropäische AS-Maus, die japanische, die amerikanische. Man experimentiert fleißig mit ihnen herum, und sie sterben reihenweise bei allen möglichen Versuchen. Nur an Arterienverkalkung ist noch keine gestorben. Wirklich, die AS-Maus verdient endlich ein Denkmal, eine öffentliche Würdigung, da haben die Tierschützer völlig recht.

Was diese so sehr empört, ist der Umstand, daß das Forschen mit der AS-Maus – bisher jedenfalls – nicht das geringste Ergebnis gebracht hat, weder bei der Atherosklerose noch bei anderen Krankheiten, so daß man kein Medikament oder sonst eine Therapie daraus entwickeln konnte. Mit einem Wort: Die AS-Maus war eine wissenschaftliche Pleite.

Die Forderung der Tierschützer folglich: Laßt die Atherosklerose-Mäuse endlich frei! Für bloße Spielereien ist selbst das Leben einer künstlich erschaffenen Labormaus nicht gemacht.

Gut gebrüllt, Löwe! Nur, was würde passieren, wenn die resistente AS-Maus sich in der freien Natur zu einem schlimmen Schädling entwickelte? Dann doch lieber ewige Untersuchungshaft.

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