© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/12 08. Juni 2012

Die Wahrheit ist auf’m Platz
Gewalt im Amateurfußball: Zwei Drittel aller Spielabbrüche werden von nichtdeutschen Spielern verursacht
Hinrich Rohbohm

Das Thema ist heikel. Lassen sich Trainer, Spieler und Sportfunktionäre über Gewalt im Fußball noch zu langen Monologen hinreißen, so verfallen sie beim Gespräch über Ausländergewalt in eine regelrechte Schockstarre. „Erwähnen Sie bloß nicht meinen Namen. Und auch nicht den meines Vereins, sonst bekomme ich von unserem Pressesprecher eins aufs Dach“, sagt K. am Ende seines Gesprächs mit der JF. Der langjährige Trainer einer Berliner Kreisliga-Mannschaft kennt das Geschäft in den unteren Amateurligen, hat auch einige Jahre als Schiedsrichter gewirkt.

Auf Ausländergewalt auf dem Fußballplatz angesprochen, blickt auch er zunächst genau wie sein Assistent verschämt zur Seite. Dann ein kurzes Nicken. „Es fällt schon auf, daß es immer die gleichen Mannschaften sind, die Ärger machen“, beginnt er zu erzählen. Daß es sich dabei zumeist um türkische Clubs handelt, sei praktisch ein offenes Geheimnis. Ein Geheimnis, das man unter Sportfunktionären offenbar weiter hüten möchte.

„Die reden sich die Lage schön“, meint K. Schweigeminuten und „Zeichen setzen gegen Rassismus“ gingen den meisten Spielern nur noch auf die Nerven. „Das alles nimmt doch sowieso keiner mehr ernst. In dieser Saison hat es ja auch wieder so eine Schweigeminute gegeben. Und was ist passiert? Am gleichen Tag ist es trotzdem wieder zu mehreren Spielabbrüchen gekommen.“

Ein Umstand, der auf Kreisebene fast schon zum Alltag gehört. „Oftmals sind es ja auch schwache Schiedsrichterleistungen, durch die ein Spiel eskaliert. Aber bei Vereinen mit hohem Migrantenanteil kommt es eben auch häufig zu ganz gezielten Aggressionen, das hat mit Fußball meist überhaupt nichts mehr zu tun.“ Er spricht von Heimspielen türkischer Clubs, bei denen Zuschauer mit Messern und Totschlägern auf den Platz gelaufen seien und damit Jagd auf Gegenspieler und Schiedsrichter machten. Davon, daß selbst im Jugendbereich schon ein Trainer niedergestochen wurde. „Gegen bestimmte ausländische Clubs reisen manche Mannschaften gar nicht erst an, weil sie schon wissen, daß die Partie in einer Gewaltorgie enden wird“, erklärt K., der zudem davon spricht, daß bei bestimmten Spielpaarungen ausländischer Clubs bereits mehrere Mannschaftswagen der Polizei zugegen sind, um einen geordneten Ablauf sicherstellen zu können.

„Wenn zum Beispiel der jüdische TuS Makkabi gegen einen türkischen Verein spielt, ist klar, daß es Ärger geben wird“, erläutert der Assistent von K. Weil es sich bei dem Club um einen besonders wohlhabenden Verein handele, käme auch Sozialneid zum Tragen. „Da fallen dann ganz schnell Beleidigungen wie ‘Judensau’ oder ähnliches“, meint der Assistent.

Oft aber ist keine Polizei vor Ort. „Dann sind die Schiedsrichter ganz auf sich allein gestellt. Mancher von ihnen ist dann seiner Aufgabe nicht gewachsen“, spricht K. von Einschüchterungsversuchen auf den Unparteiischen. Dann werde schon mal auf Zuruf entschieden.

„Dann schreit jemand ‘Abseits’, und der Schiri pfeift. Schon aus Angst, was auf die Fresse zu bekommen“, sagt K., der betont, daß er keiner sei, der Vorurteile gegen Ausländer schüren wolle. Vielmehr habe er selbst zahlreiche ausländische Freunde. „Aber so sieht die Realität auf dem Platz nun mal aus.“ Dazu gehöre auch, daß man schnell als „Nazi-Schwein“ beschimpft werde, wenn man eine Schiedsrichterentscheidung gegen ausländische Mannschaften fällt.

Warum der Berliner Fußballverband (BFV) nicht konsequenter gegen Ausländergewalt vorgehe, sei ihm ein Rätsel. „Die Vereine lösen für sich das Problem, indem sie die gewalttätigen Spieler aus dem Verein schmeißen. Dann ist es nicht mehr ihre Sache, allein der Spieler wird dann bestraft. Aber die finden schnell wieder einen neuen Verein“, weiß K. Da werde dann einfach der Name im Spielerpaß gefälscht. „Die machen aus einem ‘Y’ im Nachnamen einfach ein ‘I’ und schon fällt keinem was auf“, weiß K. aus Erfahrung. Auch warum Spielabbrüche im Herbst und im Frühling deutlich öfter vorkommen, weiß er nur zu gut. „Im Sommer fahren zahlreiche türkische Spieler zum Urlaub in ihre Heimat. Da sind sie entweder gar nicht mehr da oder wollen sich ihre Ferien nicht noch mit einer Verletzung versauen.“ Und im Winter sei es ihnen für Fußball einfach zu kalt.

Hasan Y. hingegen sieht seine Landsleute zu Unrecht an den Pranger gestellt. Der Kreisliga-Spieler einer türkischen Mannschaft in Hamburg ist der Meinung, daß Sportgerichte mit zweierlei Maß messen würden. „Die sehen, da ist ein türkischer Täter und da ist ein deutsches Opfer und schon ist die Sache klar. Aber sie sehen nicht, daß wir auch provoziert werden.“ Auch er habe schon des öfteren zugelangt. „Aber ich schlage nie ohne Grund. Wenn man mich aber beleidigt oder meine Familie, dann wehre ich mich. Und der, der provoziert, bleibt meist unbestraft“, sagt er.

Rico hat da andere Erfahrungen. Der A-Jugendspieler aus Berlin kann sich noch zu gut an ein Spiel gegen ein ausschließlich aus Türken bestehendes Team aus Neukölln erinnern, das von Beginn an nur auf Randale aus war. Die Mannschaft war angetrunken zum Spiel erschienen. Als sie mit den Schiedsrichterentscheidungen ihres Landsmannes nicht einverstanden waren, jagten sie ihn über den Platz. Der junge Türke war in die gegnerische Kabine geflüchtet, hatte sich dort versteckt. „Der hatte eine Todesangst und war die ganze Zeit nur am Heulen“, erinnert sich Rico, dessen Schilderungen keinen Einzelfall beschreiben.

Im September 2010 kam es auf dem Fußballplatz an der Slomannstraße in Hamburg-Veddel zu einer Massenschlägerei, bei der zwei Türken einen 27 Jahre alten Landsmann der gegnerischen Mannschaft mit ihren Stollenschuhen regelrecht zusammengetreten haben sollen. Als die Sache vor Gericht landete, wollte plötzlich keiner der Zeugen mehr etwas gesehen haben, die mutmaßlichen Täter wurden aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Erst vor einem Monat war in dem nahe Hannover befindlichen Ort Katensen ein 46 Jahre alter Schiedsrichter mit einem Faustschlag verletzt und ein Spieler bewußtlos geschlagen worden. Aufgrund der berüchtigten Aggressivität der kurdischen Mannschaft Inter Burgdorf habe man bereits vor dem Spiel „Bauchschmerzen“ gehabt, ließen Verantwortliche des TSV Katensen verlautbaren. Selbst in höheren Ligen ist Ausländergewalt mittlerweile angekommen. In der Verbandsliga-Begegnung zwischen Inter Türkspor Kiel und dem ESV Eckernförde war ein Schiedsrichterassistent von Inter-Spielern niedergeschlagen und bespuckt worden. Nachfragen von Journalisten über den Vorfall lehnte das Opfer ab, dem Pressevertreter war zuletzt gar ein Hausverbot auferlegt worden. „In der Berlin-Liga mußte in dieser Saison zum ersten Mal nach 25 Jahren ein Spiel wegen Tätlichkeit abgebrochen werden“, weiß auch K. zu berichten. „In den letzten zwei bis drei Jahren hat die Gewalt auf dem Platz deutlich zugenommen, in dieser Saison ist sie dagegen eher konstant geblieben“, ist sein Eindruck.

Eine Studie des Hannoveraner Sportwissenschaftlers Gunter A. Pilz scheint das zu bestätigen. Demnach werden allein im Jugendfußball zwei Drittel von 4.000 untersuchten Spielabbrüchen durch nichtdeutsche Spieler verursacht (siehe Kasten). Dabei handele es sich zumeist um Türken oder Kurden. „Je schwerwiegender der Straftatbestand, desto häufiger sind Spieler beteiligt, die nichtdeutscher Abstammung sind“, lautet ein Fazit der Studie.

Beim Deutschen Fußballbund (DFB) kennt man die Studie. Dennoch ist die Ausländergewalt auf dem Fußballplatz bis heute ein unbequemes Randthema. Denn die zahlreichen Aktionsformen des Verbandes gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus gingen jedoch ebenso am tatsächlichen Geschehen vorbei wie die medienwirksam inszenierten Integrationspreise, meint K.. „Genau die gleichen Teams, die solche Preise erhalten, langen später auf dem Platz zu“, spricht der 51jährige aus eigener Erfahrung.

 

Ethnische Konflikte im Jugendfußball

Die im Jahr 2000 herausgegebene Studie „Rote Karten statt Integration“ des Hannoveraner Sportwissenschaftlers Gunter A. Pilz beschäftigt sich mit ethnischen Konflikten im Jugendfußball. Über einen Zeitraum von drei Jahren wurden knapp 4.000 Sporturteile ausgewertet. Demnach seien 61,7 Prozent aller untersuchten Spielabbrüche von nichtdeutschen Spielern verursacht worden. Während bei Tätlichkeiten von Deutschen zumeist die Spieler die Opfer sind, handelt es sich bei Tätlichkeiten von Nichtdeutschen überwiegend um die Schiedsrichter.

Auch in der Art der Vergehen gibt es demnach Unterschiede. Während deutsche Spieler mehr Taten bei Beleidigungen und unsportlichem Verhalten aufweisen, dominieren bei rohem Spiel und Tätlichkeiten die nichtdeutschen Spieler. Ebenfalls deutliche Unterschiede treten in der Schwere der Tat zutage. 50 Prozent der mehr als für sechs Wochen ausgesprochenen Spielsperren bei Nichtdeutschen stehen 12,9 Prozent bei Deutschen gegenüber. In einem Vergleich zwischen deutschen und türkischen Spielern bezüglich der Frage, ob man sich für eine Provokation des Gegners durch harten Körpereinsatz revanchiere, gaben 16,2 Prozent der türkischen Spieler an, dies immer zu tun. Bei den deutschen Spielern waren es 8,5 Prozent.

Auch das Verhalten der Spieler vor dem Sportgericht ist laut Studie unterschiedlich. Kommen deutsche Jugendspieler zum Sportgericht, würden sie meist vom Trainer und Betreuer, oftmals sogar vom Vereinsvorsitzenden begleitet und verhalten sich dementsprechend einsichtig.

Spieler nichtdeutscher Abstammung – sogar wenn sie in deutschen Vereinen spielen – kämen dagegen in der Regel allein und hätten zum Teil Verständigungsschwierigkeiten. Sie würden sich zudem einem deutschen Sportrichter gegenübersehen, dem sie unterstellen, er habe etwas gegen Ausländer. Daher würden sie sich oft wenig einsichtig zeigen und deutlich aufmüpfiger präsentieren, was wiederum zu höheren Strafen führen könne.

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