© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/12 08. Juni 2012

Bürgerkrieg mit Ansage
Gewalt: Während Tausende Hamburger friedlich demonstrieren, verbreiten Linksextremisten Angst und Schrecken
Michael Johnschwager

Unterschiedlicher hätten die Bilder nicht sein können. Auf dem Hamburger Rathausmarkt versammelten sich am Sonnabend Tausende, um gegen eine Demonstration von NPD und sogenannten Freien Kameradschaften zu protestieren, während entlang der Demonstrationsstrecke Linksextremisten für bürgerkriegsähnliche Zustände sorgten.

Am Wochenende kam es damit in Hamburg so, wie viele es erwartet hatten: Krawall, hervorgerufen durch Akteure vom äußersten linken Rand. Seit Wochen hatten Parteien und andere politische und gesellschaftliche Organisationen der Hansestadt die Bürger aufgerufen, „Farbe zu bekennen“. Im Zusammenwirken mit Medien, Kirchen und Gewerkschaften bilden sie eine Allianz, die sich „bunte Vielfalt in der Stadt“ auf die Fahne schreibt. Etwa 10.000 Hanseaten versammeln sich auf dem Rathausmarkt zu einer friedlichen Kundgebung. Bürgermeister Olaf Scholz verkündete vollmundig: „Wir achten das Demonstrationsrecht. Aber wir verachten die Rechtsradikalen!“ Und die jüngst berufene Bischöfin Kirsten Fehrs erteilt extremistischem Gedankengut eine eindringlich vorgetragene Absage, während ein buntes Bühnenprogramm für gute Stimmung sorgte.

Eine wenig harmonische Begegnung hingegen erleben Bewohner und Ladenbesitzer in den an der Peripherie gelegenen Stadtteilen Wandsbek und Eilbek. Für diese bürgerlichen Viertel hatte das Hamburgische Verwaltungsgericht den Rechtsradikalen sein Plazet erteilt. Die gut vernetzte linksextremistische Antifa mobilisiert daraufhin ihre Getreuen. Sie mischen sich unter die rund 3.500 Gegendemonstranten, die sich schließlich nach Angaben der Polizei in Wandsbek und Eilbek versammeln, um die Demonstrationsroute zu blockieren. Ihnen gegenüber standen lediglich rund die Hälfte der erwarteten 1.000 Rechtsextremisten aus ganz Deutschland.

Während ein Teil der Demonstranten versucht, sich mit Sitzblockaden der Demonstration, mit der die Organisatoren ein „Signal gegen Überfremdung“ senden wollten, entgegenzustellen, eskaliert die Situation: An die 700 gewaltbereite „antifaschistische“ Kämpfer werfen Steine, Flaschen und Brandsätze auf die Polizisten. In der Folge brennen Mülltonnen, aber auch Fahrzeuge. Ein ganzer Straßenzug wird verwüstet. Die Rauchsäulen sind noch in der Hamburger Innenstadt zu sehen. Mit Wasserwerfern und Tränengas werden die Linksautonomen auseinandergetrieben. Anwohner unterstützen die Ordnungskräfte, indem sie die Brände eimerweise mit Wasser aus ihren Häusern löschen. Es bedarf eines Aufgebots von 4.000 Polizeibeamten um zu verhindern, daß die Ausschreitungen der Linksextremisten weiter eskalieren und beide Lager aneinandergeraten.

Die Bilanz der massiven Ausschreitungen vom Wochenende: elf bereits am Vorabend in Brand gesteckte Mannschaftswagen der Polizei; 38 im Einsatz verletzte Beamte. Von den randalierenden Linksextremisten werden 63 von der Polizei in Gewahrsam genommen, 17 festgenommen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagierte entsetzt auf das Ausmaß der Gewalt. „Die Angriffsziele der linken Chaoten sind der demokratische Rechtsstaat und seine Polizei. Ihr angeblicher Kampf gegen Neonazis dient nur als Vorwand“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Frank Richter. Und der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders, kommentierte entsetzt die Verwüstungen in Wandsbek. „Es macht fassungslos, wie linksautonome Chaoten einen Stadtteil in Schutt und Asche legen und noch glauben, daß sie mit diesen feigen und brutalen Gewalttaten erfolgreich gegen ‘Rechts’ agiert hätten“, sagte er. Der friedliche Protest auf dem Rathausmarkt sei dagegen ein gelungenes Zeichen gegen Neonazis gewesen.

Als Konsequenz aus den bürgerkriegs-ähnlichen Szenen forderte GdP-Chef Rainer Wendt ein härteres Vorgehen der Polizei. Wenn der Einsatz von Wasserwerfern nicht mehr ausreiche, müsse die Polizei auch zu Gummigeschossen greifen dürfen, sagte der Gewerkschaftsschef der Bild-Zeitung. Die Linksextremisten hätten die Polizei rücksichtslos und brutal angegriffen und dabei offenbar auch nicht davor zurückgeschreckt, Polizisten zu töten.

Foto: Brennende Barrikaden im Hamburger Stadtteil Wandsbek: Die Rauchsäulen der zahlreichen Brände waren teilweise noch bis in die Innenstadt zu sehen

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