© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/12 25. Mai 2012

Die tun was!
Engagement: Gleich mehrere Bürgerinitiativen haben sich dem Kampf gegen die antidemokratischen Zumutungen des Euro-Rettungsschirms verschrieben
(JF)

Zivile Koalition

Die Zivile Koalition versteht sich selbst als überparteiliche Bürgerbewegung für grundsätzliche Reformen. Der 2006 gegründete Verein um die Berliner Rechtsanwältin Beatrix von Storch (JF 6/12) setzt sich unter anderem für ein einfaches, transparentes und gerechtes Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen, für eine Rückführung der Nettoneuverschuldung auf Null sowie die Einführung eines Verschuldungsverbots für alle öffentlichen Haushalte ein. Außerdem stehen der Bürokratieabbau und die Ergänzung des Ehegatten-Splittings durch ein Familien-Splitting im Forderungskatalog. Mittlerweile richtet sich das Hauptaugenmerk der Zivilen Koalition auf die Mißstände im Zusammenhang mit der sogenannten Euro-Rettung. Organisiert werden neben Tagungen auch Demonstrationen wie etwa am 2. Juni in München. Über die Internetseite „Abgeordneten-Check“ können Unterstützer mit der Kampagne „Stoppt die EU-Schuldenunion!“ den Bundestagsabgeordneten ihres Wahlkreises auffordern, sich gegen den ESM-Vertrag auszusprechen. Bei Redaktionsschluß sind bereits 816.402 E-Mails an Bundestagsabgeordnete gesendet worden.

www.zivilekoalition.de

www.abgeordneten-check.de

 

Bündnis Bürgerwille

Im Frühjahr 2011 hat Johannes Hüdepohl eine Petition gegen den dauerhaften Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) beim Bundestag eingereicht, die bereits nach kurzer Zeit von 13.000 Menschen unterzeichnet worden ist. Hüdepohl ist gemeinsam mit dem Volkswirtschaftsprofessor Bernd Lucke (siehe Interview S. 3) Sprecher des Bündnisses Bürgerwille. Die überparteiliche Organisation setzt sich unter anderem für ein Austrittsrecht aus dem Euro ein. Zu den Unterzeichnern ihrer Petition gehören auch prominente Politikveteranen wie der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) und der frühere liberale Vizepräsident des Bundestages Burkhard Hirsch (JF 24/10).

Das Bündnis Bürgerwille verfolgt „das übergeordnete Ziel: Deutschland soll nicht länger in dreistelliger Milliardenhöhe für Schulden anderer Länder haften müssen“. 9.774 Unterzeichner haben sich bereits dem Bündnis angeschlossen.

www.buendnis-buergerwille.de

 

Bund der Steuerzahler

Eine Volksabstimmung über den ESM-Vertrag und weitere Rettungsschirme fordert der Bund der Steuerzahler Bayern, der eigens die Aktion „Stop ESM“ ins Leben gerufen hat.

Initiiert vom Präsidenten des bayrischen Steuerzahlerbundes Rolf von Hohenhau (JF 19/12) haben 65 Erstunterzeichner den Protest gegen den dauerhaften Rettungsschirm unterzeichnet. Die Aktion arbeitet auch mit anderen Initiativen zusammen, darunter der Zivilen Koalition.

Die Zustimmung zum ESM im Bundestag wäre eine Mandatsüberschreitung und Vertrauensmißbrauch, heißt es auf der Internetseite der Kampagne. Deutschlands Finanzhoheit wäre im Falle der Zustimmung zum ESM „endgültig und unwiderruflich“ ausgehebelt. Der vertraglich festgesetzte „No-Bail-Out“-Grundsatz („Kein Land haftet für ein anderes“) werde ins Gegenteil verkehrt und „den deutschen Staat und die Masse seiner Bürger finanziell ruinieren“ sowie „Deutschland als freien Nationalstaat eliminieren und in einer Fiskalunion auflösen“.

Die Schlußfolgerung des Steuerzahlerbundes: „Kein gewissenhafter Abgeordneter darf dem ESM zustimmen.“ Mit dieser Forderung stehen von Hohenhau und seine Mitstreiter nicht allein da. Bislang haben 11.743 Personen den Aufruf „Stop ESM!“ unterzeichnet.

www.stop-esm.org

 

Europolis

Einen grundsätzlichen „Kontrapunkt zur real existierenden“ Regierungsform der EU-Institutionen möchte der Verein Europolis setzen. Initiiert wurde die Denkfabrik 1998 vom Berliner Wirtschaftsrechtler Markus C. Kerber. Zwar sei man „der europäischen Einigungsidee zutiefst verpflichtet“, setzt aber in der Praxis ordnungspolitisch andere Prioritäten: „Mehr Wettbewerb wagen; die Stabilität von Währung und Preisen institutionell sichern; die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen voranbringen; der Subsidiarität Priorität verleihen.“

Dazu plädiert Kerber, der auch als Rechtsanwalt und Unternehmensberater international tätig ist, in der aktuellen Euro-Krise für die Einführung einer Parallelwährung, der sogenannten „Guldenmark“. Der in Berlin lehrende Professor sieht darin einen „historischen Kompromiß“ zwischen unbedingten Euro-Befürwortern und -Gegnern.

„Der Geburtsfehler des Euro als Einheitswährung kann und muß korrigiert werden“, wenn man bereit ist, ungewöhnliche Wege zu gehen. Für Kerber und seine Mitstreiter des gemeinnützigen Vereins steht fest: „Gigantische Rettungsschirme sind keine Lösung, sie täuschen lediglich über die Situation hinweg.“

www.europolis-online.org

 

Aktionsbündnis Direkte Demokratie

Als Reaktion „auf die entstehende EU-Diktatur und Aushebelung der Demokratie durch Regierungen, Parlamente, Verfassungsgerichte und Zentralbanken“ hat sich das Aktionsbündnis Direkte Demokratie als überparteiliche und überkonfessionelle Bürgerbewegung gegründet. Organisator ist der Wirtschaftsethiker Bernhard Seitz aus Stuttgart. Das regional verankerte Aktionsbündnis hat mehrere Demonstrationen gegen die Politik der „Euro-Rettung“ in verschiedenen Städten organisiert.

Für Seitz ist es ein „Staatsputsch“, daß Europa „vom Verbund unabhängiger Staaten übergegangen ist in einen Zentralhaftungsverbund“. Deswegen fordert das Aktionsbündnis „die sofortige Aussetzung aller Maßnahmen“ zur „Euro-Rettung“ sowie einen kurzfristigen Bürgerentscheid über die Zukunft des Euro, der Europäischen Zentralbank sowie des ESM und zur zukünftigen Rolle der Bundesrepublik in der EU. Außerdem wird längerfristig eine „umfassende Demokratie- und Verfassungsreform in Deutschland“ gefordert.

www.eurodemostuttgart.wordpress.com

 

Freie Wähler

Als – zumindest eine Art – Partei unterscheiden sich die Freien Wähler etwas von den anderen hier genannten Initiativen. Seit der Landtagswahl 2008 sind sie mit 20 Abgeordneten im Bayerischen Landtag vertreten. Seit dem 5. Mai sammelt die Truppe um den Vorsitzenden Hubert Aiwanger in Bayern Unterschriften gegen die Unterzeichnung des ESM, da dieser masiv in die Souveränität der Bundesrepublik, der Bundesländer und Kommunen eingreife. Weil die Freien Wähler ihre Opposition gegen diesen „Marsch in einen EU-Zentralstaat“ im Wahlkampf zum Bundestag 2013 thematisieren wollen, ist der ehemalige BDI-Chef Hans-Olaf Henkel (JF 45/11) ihnen Ende vergangenen Jahres beigetreten.

www.fw-bayern.de

Foto: Wir befinden uns im Jahre 2012 n. Chr. Ganz Deutschland hat sich dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) ergeben ... ganz Deutschland? Nein! Von unbeugsamen Bürgern bevölkerte Initiativen hören nicht auf, dem gegen die finanzpolitische Vernunft und die haushaltsrechtliche Souveränität gerichteten Eindringling Widerstand zu leisten. Neben einigen als „Abweichler“ titulierten Abgeordneten, die dem ESM im Bundestag ihre Zustimmung verweigerten, gehören dazu auch die als „vier Musketiere“ bezeichneten Professoren, die vor dem Bundesverfassungsgericht Klage erhoben haben. Darüber hinaus haben sich im Laufe der Zeit Initiativen und Bürgerbewegungen gebildet, die sich der im Verlauf immer neuer Euro-„Rettungsmaßnahmen“ fortschreitenden Entmachtung demokratischer Institutionen widersetzen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien sechs von ihnen kurz vorgestellt:

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