© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/12 18. Mai 2012

„Da sind Sie ganz schnell unten durch“
Einschüchterungsversuch: Wegen einer Enthüllungsstory über Hans-Christian Ströbele erhält ein Journalist Polizeibesuch
Ronald Gläser

Monatelang hat Billy Six (24) an einer Enthüllungsgeschichte über den Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele gearbeitet. Ströbele fährt öfter mit dem Auto (statt mit dem Fahrrad) und wohnt in einer besseren Gegend, als die Öffentlichkeit und seine grüne Wählerklientel ahnen. Für so eine Geschichte muß ein Journalist dicke Bretter bohren – Freunde und Nachbarn befragen und auch mal verdeckte Fotos machen.

Six, der auch schon für die JUNGE FREIHEIT zahlreiche Berichte verfaßt hat, hat diese Kärrnerarbeit geleistet. Die Geschichte stand vor dem Abschluß, als es am 7. Januar an seiner Haustür klingelt.

Six erinnert sich an den unerwarteten Besuch so: Frau S. und Herr H. stellen sich als BKA-Beamte vor. Sie kommen gleich auf den Punkt. Sie hätten Wind davon bekommen, daß er in Ströbeles Umfeld ermittelt hat.

„Wir sind gekommen, um Sie zu maßregeln“, sagt Herr H. Und dann droht er Billy Six: Wie würden Sie es denn finden, wenn wir jetzt jeden Nachbarn hier bei Ihnen in der Straße einzeln abklingeln und uns nach Ihnen erkundigen? Einmal unseren BKA-Ausweis vorgezeigt, und Sie sind hier ganz schnell unten durch!“

In diesem Tenor wurde Six von den Beamten in die Mangel genommen. Eine Stunde lang dauerte das inoffizielle Verhör. Drohung zum Schluß: Beim nächsten Mal kämen die Kollegen von der Polizeiwache Berlin-Neuenhagen. Was immer das auch heißen mag. Das BKA hat gegenüber der JF das Gespräch bestätigt, über den Inhalt aber nichts mitgeteilt.

Auch beim DJV Brandenburg haben die Beamten nachgefragt, ob Six Journalist sei – eine ungewöhnliche Vorgehensweise. Six hat sich durch die „Ermittlungen“ nicht beeinflussen lassen. Seine Geschichte ist als „Das grüne Irrlicht“ in dieser Woche im Deutschland-Magazin erschienen.

In eigener Sache: Auch die JUNGE FREIHEIT hat in der Angelegenheit recherchiert und Ströbeles Immobilienbesitz unter die Lupe genommen. Auch sie mußte vor Gericht ziehen, um ihr Recht auf Akteneinsicht durchzusetzen. Mehr dazu in der nächsten JF.

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