© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/12 18. Mai 2012

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Die Veteranen sind angekommen
Christian Vollradt

Man kann erkennen, daß Ihre Organisation funktioniert“, stellte ein sichtlich beeindruckter Wehrbeauftragter fest, als er in der vergangenen Woche in Berlin die Geschäftsstelle des Bundes deutscher Veteranen eröffnete. Außer Hellmut Königshaus (FDP) und den Mitarbeitern des Verbandes haben an diesem sonnigen Nachmittag auch Abgeordnete aller Fraktionen, darunter der SPD-Obmann des Verteidigungsausschusses Rainer Arnold, Vertreter des Verteidigungsministeriums, der Militärseelsorge sowie des Bundeswehrverbandes mit zahlreichen Journalisten den Weg in die Büroetage in direkter Nähe zum Kurfürstendamm gefunden. Für den Veteranenbund ist diese Resonanz ein wichtiges Signal: Man ist angekommen und wird als Verhandlungspartner der Politik wahr- und ernstgenommen.

Der Vorsitzende Andreas Timmermann-Levanas (JF 9/12) schrieb in seinen Begrüßungsworten sogleich der Politik seine konkrete Kritik ins Stammbuch. Warum gab es laut offizieller Statistik der Bundeswehr vor 2010 keine Fälle von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS)? Wie verträgt sich das mit den Erfahrungen eines deutschen Soldaten, der während des Irak-Krieges im Jahr 2003 in Kuwait eingesetzt war und laut ärztlicher Diagnose seit dieser Zeit an PTBS leidet? Wieso ist willkürlich ein Stichtag für (rückwirkende) Versorgungsansprüche festgesetzt worden, der die Veteranen des Kosovo-Einsatzes nicht berücksichtigt? Für Timmermann-Levanas unterstreicht dies, wie es ist, die Betroffenen einzubinden. Als ihr Fürsprecher gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und den Medien sieht sich der Bund deutscher Veteranen. Und zugleich als ein solidarischer Dienstleister für alle Einsatzsoldaten, für Verwunderte und Traumatisierte, für Angehörige und Hinterbliebene. Dazu leisten als externe Berater ein Rechtsanwalt, ein Psychologe sowie eine Therapeutin ihren Dienst in der neuen Geschäftsstelle. Timmermann-Levanas stellt jedoch auch klar: „Wir sind kein Club von PTBSlern!“

Über den Sinn der Einsätze kann man geteilter Meinung sein, das Schicksal der und die Sorge um die Soldaten sollte davon unabhängig im Vordergrund stehen: „Wie gehen wir mit diesen Menschen um?“, sei die entscheidende Frage. Oder um es mit den Worten eines deutschen Afghanistan-Veteranen auszudrücken, der als Feldjäger selbst Opfer eines Anschlags wurde: „Warum vergeßt ihr uns allzuoft? Sind wir nicht spürbar für euch? Wir spüren jeden gefallenen Kameraden um so mehr ...“

Der Wehrbeauftragte lobte indes die Verbesserungen beim Einsatzversorgungsgesetz, an deren Zustandekommen auch der Bund deutscher Veteranen großen Anteil hätte. Ungeachtet der Kontroverse um den Veteranen-Begriff betonte Königshaus den pragmatischen Aspekt: Die Anerkennung des Dienstherrn zeige sich in seiner Fürsorge für die Einsatzsoldaten. Und auch er sah in der neuen Geschäfststelle eine Verpflichtung. „Wir feiern Richtfest bei der Veteranenarbeit, nun müssen die Bauarbeiten beginnen.“

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