© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/12 18. Mai 2012

Es ist fast alles in Ordnung
Integration: Glaubt man den neuesten Studien und Umfragen von Experten, dann gibt es bei der Eingliederung von Ausländern so gut wie keine Probleme
Andreas Ferber

Das Thema Integration gewinnt in der öffentlichen Diskussion immer mehr an Bedeutung. Nicht zuletzt durch neue Zuwanderer aus Südosteuropa. „Integration kommt gut voran in Deutschland – im föderalen System eher pirschend. In der Einwanderungsgesellschaft immer besser“, glaubt der Vorsitzende des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), Klaus Bade. Das sei die Generalbotschaft des Jahresgutachtens 2012 des SVR, das in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde.

Seinen Optimismus zieht Bade aus einer Umfrage: Knapp 45 Prozent der Deutschen bejahen demnach die Frage nach der Integrationsbereitschaft der Zuwanderer, und fast 68 Prozent der Zuwanderer sehen ein Interesse bei der Mehrheitsbevölkerung, Zuwanderer zu integrieren. Während aber die Zahl der Integrationsoptimisten im Vergleich zu 2009 stabil blieb, stieg die Zahl der Integrationspessimisten von 32 Prozent (2009) bei der Mehrheitsbevölkerung auf rund 41 Prozent. „In der Mitte der Einwanderungsgesellschaft stabilisiert sich eine aktive Akzeptanz der kulturellen Vielfalt“, sagt Bade trotzdem.

Das Stimmungsbild liege mehrheitlich zwischen „verhaltenem Integrationsoptimismus und kritischem Integrationspragmatismus“. Grundlage der Datenerhebung sind 9.200 Telefonbefragungen in fünf Ballungsräumen: Rhein-Ruhr, Stuttgart, Rhein-Main sowie Berlin-Brandenburg und Halle-Leipzig. Rund ein Viertel der Befragten waren deutsch.

„Erst wenn begriffen wird, daß es um die Teilhabe von allen geht, wird auch verstanden werden, daß Integration in der Einwanderungsgesellschaft ein gesellschaftspolitisches Thema für alle ist. Wenn Politik diesen Gedanken umsetzt, dann wird dieses möglich werden“, sagt Bade. Bundespräsident Joachim Gauck habe hierzu bereits eine ganze Reihe von „markanten Punkten“ gesetzt. Integrationspolitik funktioniere insgesamt gut, teilweise aber nur bedingt.

Damit kommt der SVR auf ein ähnlich optimistisches Ergebnis wie die zeitgleich vorgestellte Studie der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), zum „Stand der kommunalen Integrationspolitik in Deutschland“. Es gelte, eine wirkliche Willkommenskultur in den Behörden zu entwickeln“, forderte sie. Dafür sei ein Mentalitätswandel im Umgang mit Einwanderern notwendig, etwa durch mehr Zuwanderer im öffentlichen Dienst. Auch Bade sieht die Kommunen als pragmatische Leistungsträger der Integrationspolitik. „Zwar eröffnet der kooperative Föderalismus als institutionalisiertes Freiheitsprogramm gegenüber einem Zentralstaat vergleichsweise offene Handlungsperspektiven, es zeigt sich aber ein unkoordiniertes Mit- oder auch nur Neben- oder Gegeneinander der verschiedenen politischen Akteure“, gibt Bade zu bedenken. Eine pragmatische Vernunft in der Mitte der Bürgergesellschaft biete aber eine belastbare Basis für mutige, konzeptorientierte Gestaltung. Sie sollte von der Politik für Reformen zwischen den Ebenen des föderalen Systems genutzt werden. Die Länder seien die zentralen integrationspolitischen Akteure. Überschneidende Entscheidungskompetenzen verschafften aber nicht nur Gestaltungsspielräume, sondern erschwerten die effiziente Erfüllung ihrer integrationspolitischen Aufgabe bei Arbeit, Wohnung und Bildung.

Eine zentrale Serviceagentur für kommunale Integrationspolitik könnte nach Auffassung der Sachverständigen Abhilfe schaffen. Deren Aufgaben könnten Vernetzung, Informationstransfer und begleitende Beratung bei der Übertragung andernorts erprobter Konzepte sein. Eine mögliche Neugründung schließe nicht eine kostengünstige Anschließung an bestehende Einrichtungen wie etwa an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg aus.

Bade wünscht sich außerdem, daß die unterschiedliche Finanzkraft der Kommunen stärker als bisher ausgeglichen werde. Insgesamt könnten die integrationspolitischen Herausforderungen grade bei der Bildung nur durch gemeinsame Anstrengungen in Bund, Ländern und Kommunen bewältigt werden.

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