© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/12 04. Mai 2012

Dokumentarfilmer unzufrieden
Mainzer Mediendisput: Bei einem Branchentreffen eskaliert der Unmut von Filmemachern gegen öffentlich-rechtliche Sender
Christian Dorn

Bei den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten brodelt es. Dokumentarfilmer sehen sich durch ein seichtes Unterhaltungsprogramm verdrängt und von Geldquellen abgeschnitten. Auf dem Mainzer Mediendisput, einer rheinlandpfälzischen Tagungsreihe, machten sich mehrere Angehörige der „Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm“ Luft: Statt Redakteuren agierten zunehmend Betriebswirte, Controller und Technokraten. Während die ARD für Günther Jauchs Talkshow rund 4.500 Euro pro Sendeminute ausgebe, stehe für einen Dokumentarfilm oft nur ein Bruchteil zur Verfügung. Über die genauen Zahlen schwiegen sich die Anstalten aus.

Daher sieht Stephan Lamby von Eco Media bei ARD und ZDF eine „Bringschuld“. Sie hätten von sich aus offensiv und transparent Rechenschaft abzulegen über die Ausgaben der Gebührengelder. Schätzungen zufolge werden zwei Drittel der GEZ-Gebühren in Höhe von aktuell circa 7,5 Milliarden Euro allein für den Verwaltungsapparat ausgegeben. Produzent Lamby sieht aber auch ein inhaltliches Problem: Die politische Dokumentation, die eine Funktion als Frühwarnsystem einnehmen sollte, habe bei wichtigen Themen wie der Finanzkrise oder dem Arabischen Frühling versagt.

Der Regisseur und Oscar-Preisträger Pepe Danquart sieht das Fernsehen der achtziger Jahre als Vorbild. Die heutigen Anbieter von Dokumentarstoffen hätten bereits eine Zensur verinnerlicht. Neben dieser Schere im Kopf beklagte er die „Verdummung durch die Immergleichen an jedem Abend in denselben Talkshows“. Außerdem liege das Durchschnittsalter des ARD-Publikums bei 63 Jahren. Folglich sei es bei einer Zuschauergruppe von 60 bis 80 Jahren klar: „Da bewegt sich nichts mehr.“ Ein ehemaliger RBB-Mitarbeiter, der heute das Unternehmen Tape TV betreibt, bezeichnete ARD und ZDF als ein „Spartenprogramm für Senioren“, das sich überlegen müsse, „wie lange es noch von unter 40jährigen Gebührengelder verlangen will“.

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