© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Leserbriefe

Zu: „Grass und die Folgen“ von Karlheinz Weißmann, JF 17/12

Ein gemeinsames Schlußwort

Mit den Beiträgen von Dieter Stein und Thorsten Hinz in der JF 16/12 und erst recht mit diesem Kommentar ist zur Causa „Grass“ eigentlich alles gesagt und damit hoffentlich ein gemeinsames Schlußwort unter die unsäglich heuchlerische Polemik des medialen Mainstreams in den vergangenen Tagen gefunden worden.

Dr. Jochen Kolbe, Berlin

 

 

Zu: „Vom Wahn befallen“ von Thorsten Hinz, JF 16/12

Maßlose Schmähung der Älteren

Eine der vier Kardinaltugenden ist die Mäßigung, die ich in den Reaktionen mancher Politiker und Journalisten auf das Gedicht „Was gesagt werden muß“ von Günter Grass vermisse. Geradezu infam ist es, die maßlose Attacke auf Grass auszuweiten auf seine Generation, die auch die meine ist, und der unterstellt wird, „am Ende ihrer Tage falsche Rechnungen“ aufzumachen (Thomas Andre, Matthias Gretzschel im Hamburger Abendblatt) und sich in einer „imaginären Rache“ (Frank Schirrmacher in der FAZ) zu üben. Doch die geschmähte Generation wird auch am Ende ihrer Tage noch in der Lage sein, den Anschwärzern Paroli zu bieten. Wie sagte George Bernard Shaw: „Beware of old men, they have nothing to lose.“

Günter Wegner, Schwerin

 

 

Zu: „Es ist ihr gutes Recht“ von Moritz Schwarz, JF 17/12

Das Buch des Justizministers

Zum „guten Recht“ gehört auch ein entsprechendes Rechtsverständnis. Dies scheint hierzulande längst abhanden gekommen, wie bereits Ihr Bericht zur „Scharia-Einführung in Deutschland“ (JF 7/12) bezeugt. Schließlich kann sich auch der Justizminister Hartloff von Rheinland-Pfalz Scharia-Gerichte vorstellen. Dies war ja schon ein bewußter Anschlag auf Recht und Gesetz im Rechtsstaat Deutschland und demonstrierte ein ministerielles Unverständnis für die Gedanken der Aufklärung, die Ziele des Grundgesetzes, der Rechtsprechung und Rechtsentwicklung.

Da ich wegen des Genusses eines Glases Wein auf dem Marktplatz in Main nicht nach der Scharia öffentlich ausgepeitscht werden will, werde ich künftig auf den Urlaub in Rheinland-Pfalz verzichten.

Winfried J. Müller, Völklingen

 

 

Zu: „Die bärtigen Männer und der Islam“ von Hinrich Rohbohm, JF 17/12

Kein Grund, sich zu wundern

Wer die multikulturelle Gesellschaft propagiert, den erleichterten und verstärkten Zuzug von Ausländern anstrebt, Toleranz besonders gegenüber „Migrationshintergründlern“ fordert und die Feststellung des zurückgetretenen Bundespräsidenten Wulff begrüßt, der Islam gehöre zu Deutschland, der muß sich nicht wundern und darf sich schon gar nicht empören, wenn Islamisten in Ausübung der grundgesetzlich garantierten Glaubensfreiheit massenhaft Exemplare des Koran in der „bunten“ Republik Deutschland in Umlauf bringen.

Peter Kiehn, Börnsen

 

Semantische Vorverurteilung

Als Sprecher der Islamisch-Christlichen Konferenz (ICK) möchte ich zunächst auf den Begriff „Salafisten“ eingehen: Eigentlich heißt es „Salafiten“. Aber mit Sprache läßt sich Stimmung erzeugen.Der Begriff „Salafist“ hat eine Assoziation zu Kommunist, Atheist und Terrorist. So soll das wohl sein. Auch die Koranverteilung selbst ist nicht so sonderbar, wie es dargestellt wird. Seit Jahren verteilt der Gideonsbund Bibeln in Schulen, Hotels, Krankenhäusern und Altenheimen, obwohl es im heiligen Buch der Christen und Juden genug gewalttätige Stellen gibt. Offensichtlich sind unsere Politiker und Journalisten intellektuell überfordert, zwischen einem Buch, seiner Interpretation und der Gruppe, die das Buch verteilt, zu unterscheiden.

Klaus Holz, Straubenhardt

 

 

Zu: „Systematische Verfolgung“ von Ronald Gläser, JF 16/12

Tragweite nicht unterschätzen

Die Entscheidung der Deutschen Bank, den Deutschen Konservativen die Konten zu kündigen, ist in ihrer gesamten Tragweite nicht zu unterschätzen. Man könnte zu der Auffassung kommen, daß die zunehmend dominierenden Linksextremisten das Erziehungsmonopol der politischen Meinungen in nahezu allen Bereichen definieren. Dies erinnert mich an die Zeit von 1935, als die Geldinstitute den Geschäftsverkehr mit jüdischen Kunden aufkündigten. Wo bleibt hier der Aufschrei der Anständigen und die Betroffenheit unserer Politik-Elite? Zweifelsfrei breitet sich hier eine Diskriminierung Andersdenkender aus. Ich könnte mir gut vorstellen, daß aus Solidarität mit Herrn Siegerist eine Auflösung der bestehenden Konten bei der Deutschen Bank abzuwägen ist. Denn wenn diese Praktik Schule macht, ist das Ende unserer freiheitlichen Grundordnung eingeläutet.

Ekkehard Ahland, Schloss Holte

 

Entsetzt, empört und wütend

Wir sind entsetzt, empört und wütend. Daß wir als Heimatvertriebene und Bombenopfer uns heute noch als Nazis beschimpfen lassen müssen und von unwissenden jungen Schnöseln mit der Kündigung der Konten so behandelt sehen, ist unfaßbar. Die Deutsche Bank sollte sich schämen, daß sie den Namen „deutsch“ noch trägt.

Kurt und Renate Alt, Leipzig

 

 

Zur Meldung: „Rückkehrhilfe für kriminelle Nordafrikaner“, JF 16/12

Geldausgeben um jeden Preis

Neben dieser Nachricht wäre auf die jüngste Wortmeldung der ehemaligen Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hinzuweisen, die abermals mehr Geld für die Entwicklungshilfe forderte. Als ehemaliger Botschafter in Afrika und Buchautor („Afrika wird armregiert“) habe ich nicht den Eindruck, daß die Akteure der Entwicklungshilfe sich je Gedanken machen, ob ihr Produkt bei den Bedürftigen in Afrika auch gut ankommt, gebraucht und verstanden wird. Hilfe darf nicht die Leistungsbereitschaft untergraben. Die Entwicklungshilfeindustrie scheint fast immun gegen Rückschläge. Das Geld muß um jeden Preis ausgegeben werden. Doch geschenkte Finanzmittel wie Budgethilfe – zumal sie auf Dauer und in hohem Umfang ohne echte Wirkungskontrolle fließen – verleiten auch zur Finanzkriminalität. Noch schlimmer ist, daß sie die Leistungs- und Reformbereitschaft mindern, behindern und es reformwilligen Politikern erschweren, Leistungen zu verlangen und Veränderungen herbeizuführen.

Ja, wir sollten helfen, wenn nötig – dort, wo Eigeninitiativen an ihre Grenzen kommen. Sinnvoll ist es, die Fähigkeit und Bereitschaft sich selbst zu helfen, zu fördern. Bislang ist die „Hilfe zur Selbsthilfe“ aber oft eine leergedroschene Phrase. Das Evaluierungssystem der staatlichen Hilfe begünstigt eine milde Grundhaltung. Wir sollten mit dem Privatsektor mehr als bisher kooperieren, etwa Fraueninitiativen unterstützen, die einen Radiosender oder Schulen betreiben wollen. Oder Risikokapital bereitstellen für den Aufbau von Fabriken. Aber weg von dem „Bemutterungsnetzwerk“, wie es der Koordinator des Bonner Aufrufs Kurt Gerhardt nennt. Sobald wir helfen, projizieren wir unsere Vorstellungen davon, was gut und richtig sein soll, auf die Afrikaner. Dort, wo es den politischen Willen gibt, demokratische Rahmenbedingungen zu schaffen, sollten wir dies unterstützen. Doch die Initiative muß von Afrika ausgehen.

Volker Seitz, Botschafter a.d., Bonn

 

 

Zu: „Pankraz, Sascha Lobo und getürkte Sofortness“, JF 16/12

Der Oberlehrer hieß Karl Valentin

Da muß ich Pankraz widersprechen. Der Ausspruch „Du bleibst da, und zwar sofort“ stammt nicht von einem namenlosen Oberlehrer, sondern von keinem Geringeren als Karl Valentin. Die verdrehte Logik, welche den Witz des Ausspruches ausmacht, ist typisch für Valentin, und deshalb hat auch Bertl Valentin-Böheim ihren Erinnerungen an ihren Vater diesen Titel gegeben.

Rolf Bayer, Kirchseeon

 

 

Zu: „Eine Option, die Angst macht“ von Stefan Scheil, JF 16/12

Rapallo-Vertrag wirkt bis heute

In seiner Schilderung des Vertrages von Rapallo schreibt Stefan Scheil, daß das Abkommen keine internationale Stabilität gebracht habe. Dabei war es beiden Vertragspartnern vielmehr darum gegangen, die internationale Isolierung, in die sie durch Krieg (Deutschland) und Revolution (Rußland) geraten waren, zu durchbrechen. Gleichwohl reichen die Auswirkungen des Vertrages bis in die Gegenwart.

Zunächst ermöglichte Rapallo Deutschland, daß es Waffen, die nach dem Versailler Vertrag verboten waren, in der Sowjetunion entwickeln, testen und bauen konnte. Eine erneuerte Übereinkunft war der Hitler-Stalin-Pakt am 23. August 1939. Mit diesem Nichtangriffsvertrag waren beide Partner in klarer Frontstellung gegen die Westmächte und nahmen die in Rapallo verfolgte Politik wieder auf.

Und auch nach dem Kriegsausbruch zwischen Deutschland und der Sowjet-union befürchtete London – nicht unbegründet –, Hitler und Stalin könnten sich doch wieder einigen. England hatte Kenntnis, daß Stalin Ende 1942 Hitler angesichts der hohen Verluste der Roten Armee über Stockholm ein Ende des Krieges angeboten haben sollte. Und auch nach dem Kriegsende schien sich „Rapallo“ zu wiederholen. In der berühmten Note von 1952 machte Stalin den Vorschlag, Deutschland als Gesamtstaat wiederherzustellen. Der Verlust der europäischen Mitte hätte die Nato erheblich geschwächt und der Sowjetunion eine eindeutige Vormachtstellung in Europa eingeräumt. Wenn Deutschland auch heute in der Nato fest verankert ist, betrachten seine Partner die deutsche Politik gegenüber Rußland immer noch mit Argwohn. Dies zeigt, daß Rapallo auch neunzig Jahre später noch nachwirkt.

Rolf Bürgel, Darmstadt

 

 

Zu: „Der Marschall-Plan-Wahn“ von Bernd-Thomas Ramb, JF 15/12

Griechischer Wein? Laß sein!

Der Autor legt treffend dar, warum ein Marshallplan Griechenland nicht helfen würde. Weitere Gründe wären aber noch zu nennen. So würde selbst ein vollständiger Schuldenerlaß Griechenlands und damit das Ende jeglicher Zins- und Tilgungszahlen nicht dazu führen, daß Griechenland keine weiteren Kredite mehr benötigte. Denn zum Ausgleich seines Haushaltes müßte es dennoch, so Wolfgang Bosbach (MdB), jährlich sechs Milliarden Euro an Krediten aufnehmen und die Verschuldung begänne erneut. Außerdem hat Griechenland seit seinem Beitritt zur EG im Jahr 1981 insgesamt 121 Milliarden Euro an Zuschüssen aus der europäischen Kasse erhalten. Mit diesem Geld hätte Griechenland moderne Verwaltungsstrukturen und eine angemessene Infrastruktur aufbauen können. Die OECD attestiert der griechischen Verwaltung jedoch einen unsäglichen Zustand. Auch die Erfahrung des historischen Marshallplans – gerade im Vergleich mit Deutschland – beweist, daß Griechenland ein Faß ohne Boden ist.

Joachim Koch, Ministerialrat a.D. Höhenkirchen

 

 

Zu: „Gender, nein danke!“ & „Überall nur Frauenhasser“ von Ellen Kositza, JF 15/12

Ideologien enden in der Realität

Genderforschung und Frauenemanzipation haben in ihrer Realitätsverweigerung den Punkt überschritten, wo diese Bewegungen und ihre Protagonisten noch ernst zu nehmen wären. Die Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts, die keine Kinder haben, die ohne Job nicht über die Mittel verfügen, um wenigsten beim „Erlebnisshopping“ oder beim Friseur die Zeit totzuschlagen, die ihrer inhaltsleeren und atheistischen Existenz doch noch zwanghaft einen Sinn geben wollen, aber nicht können, sie alle brauchen jemanden, der für ihre permanente Lebenskrise die Verantwortung trägt. Da kommt der Mann im allgemeinen und in seiner widerwärtigen Ausprägung als Frauenhasser im besonderen gerade richtig.

Aber spätestens dann, wenn diese weiblichen Verlierergestalten einen Kfz-Mechaniker, einen Fliesenleger oder sonst einen Handwerker brauchen, der ihren verstopften Abfluß klarmacht oder die Einbauküche montiert, werden sie auf die Spezies Mann notgedrungen angewiesen sein. Dann brechen alle wissenschaftlichen Erhebungen über die Gleichheit der Geschlechter in Konfrontation mit der Wirklichkeit zusammen und es bestätigt sich aufs neue: Ideologien unterliegen der normativen Kraft des Faktischen.

Matthias Schneider, Speyer

 

 

Zu: „Quotenfrauen laufen Amok“ von André F. Lichtschlag, JF 14/12

Wie sozialistisches Esperanto

Die Debatte über die Frauenquote in den bestens bezahlten Etagen der Wirtschaft erinnert mich an meine Jugend in Prag. Dort mußten wir mit der seligmachenden Arbeiterquote in den führenden Etagen leben. So lag dann das Schicksal der Fremdsprachenredaktion in einem Staatsverlag in den Händen eines Mannes, der keine Fremdsprache beherrschte, ja nicht einmal seine Muttersprache, und der einen sehr gesunden, erquickenden Büroschlaf hatte, nach welchem er Kreuzworträtsel in Kinderzeitschriften löste, die Leitartikel der roten Parteizeitung buchstabierte und für den Frieden unermüdlich in seinem Büro kämpfte. Zu den geistigen Getränken hatte er eine sehr liberale Einstellung. Seine Lieblingsbeschäftigung waren heitere Schulungsvorträge im sozialistischen Esperanto, die den grauen Arbeitsalltag auflockerten.

Aber die Quote stimmte hundertprozentig, und er wurde auch nicht schlecht bezahlt. Er war auch der bestbezahlte Sänger des tschechischen Revolutionsliedes mit der Marschmelodie „Prinz Eugen der edle Ritter“.

Dr. Anton Kučera, Taunusstein

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