© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

Seltener Vogel auf Freiheitsflug
Konrad-Adenauer-Stiftung gedenkt Axel Springer
Christian Schwiesselmann

Ein seltener Vogel“, ein „Libertärer“, ein Freiheitsfreund, der sich vom frauenfressenden Altonaer Dandy der 1930er Jahre zum politisch einsamen, konservativen Frontstadtverleger der siebziger Jahre wandelte. Das Bild, das der Springer-Biograph Hans-Peter Schwarz auf dem Symposium der Konrad-Adenauer-Stiftung mit grobem Pinselstrich zeichnete, dürfte der erwartbaren Verklärung Axel Springers durch die Schreiberlinge des eigenen Hauses zum 100. Geburtstag doch etwas widersprechen. Der emeritierte Zeithistoriker der Universität Bonn folgte den „breiten Fußspuren“, die der am 2. Mai 1912 in Altona geborene Sohn eines Verlagsinhabers in der bundesrepublikanischen Geschichte hinterlassen hat.

Vor den Ohren Friede Springers, des CDU-Generalsekretärs Hermann Gröhe, des Herausgebers der Welt-Gruppe Thomas Schmid und des Stiftungsvorsitzenden Hans-Gert Pöttering stellte er den Medienmogul in eine Reihe mit den großen deutschen Verlegerdynastien Ullstein und Burda, wies auf biographische Brüche: So hatte der Pespektivenwechsel von Hamburg nach Berlin nicht mit Damenbekanntschaften, Frontstadtgeist und der Übernahme des Ullsteinkonzerns zu tun, sondern basiert auch auf einer Nah-erwartung der deutschen Einheit 1954/55, vom Springer-Vertrauten und Welt-Chefredakteur Hans Zehrer eingeflüstert.

Daß die zionistische Ader Springers immer stärker pulsierte, führte Schwarz neben der halbjüdischen ersten Ehefrau vor allem auf die „mystischen Neigungen“ des Konzernchefs zurück. Mit zunehmendem Alter vertiefte sich der charismatisch-patrarchalisch herrschende, mitunter zornig-aufbrausende Unternehmenslenker in die christliche Apokalyptik, kaufte sich bald selbst ein Haus im geheiligten Land und inhalierte tief den Geist der jüdischen Orthodoxie. Dagegen konnte er mit der heimischen Evangelischen Kirche immer weniger anfangen. Angewidert vom Einsickern marxistischen Denkens in die politisierte Pastorenschaft kehrte er ihr den Rücken und ging bei den Altlutheranern ins Kirchenasyl.

Zählte Frontstadtbürgermeister Willy Brandt bis 1964 zu seinen Busenfreunden, ging der Medienmogul zum späteren Kanzler der Ostverträge auf jene gesunde Distanz, die er schon zu Adenauer einhielt. Gegen politische Denkverbote, die Anti-Springer-Kampagne von Apo, linker Journaille und Staatsfernsehen bewahrte der Hamburger stets eines: Haltung.

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