© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/12 27. April 2012

CD: Black Metal
Endzeitliche Stimmung
Nils Wegner

Aus den kaum durchdringlichen Gefilden düsterer Gitarrenmusik, die das Black-Metal-Genre darstellt, gibt es nur selten aufregende Neuerungen zu vermelden. Einzelne Gruppen, wie die Briten von Anaal Nathrakh (JF 3/12), vermischen zwar die klassischen Stilelemente zum Beispiel mit elektronischen Samples und finden damit zu teilweise interessanten neuen Ansätzen. Alles in allem jedoch scheint der Bezugsrahmen aus Misanthropie, Okkultismus und Ablehnung des „Judäo-Christentums“ zu eng gesteckt, um Innovationen zu hervorzubringen.

Damit kämpft auch das Bandprojekt Secrets of the Moon. Die „deutschen Vorzeige-Black-Metaller“ (powermetal.de) stammen aus Osnabrück und umfassen nach den in der Szene üblichen Fluktuationen derzeit drei Musiker. Ihr kürzlich erschienenes fünftes Album in siebzehn Jahren Bandgeschichte heißt „Seven Bells“.

Das Titellied des Albums eröffnet den Reigen passenderweise mit Glockengeläut, das innerhalb des Stücks immer wieder als retardierendes Element wirkt. Düster und lauernd schleichen sich auch die Gitarrenriffs an, eine apokalyptische Stimmung heraufbeschwörend. Nicht von ungefähr schlägt der Hörer gedanklich die Brücke zu den sieben Engeln des Jüngsten Gerichts. Auch textlich wird an die Offenbarung angeknüpft, wenn es um die „Todbringer“ und die Verheißung einer neuen Niederkunft geht.

Am Charakter des Kommenden läßt das folgende Lied „Goathead“ keinen Zweifel, symbolisiert der Ziegenkopf doch natürlich den Teufel. Dennoch deutet sich im Text auch ein zyklisches Geschichtsbild an, das das Wirkprinzip der Welt als „Werden – Sein – Vergehen“ begreift. Gleiches gilt für „Serpent Messiah“, das mit dem Gleichnis einer Schlange, die ihren eigenen Schwanz frißt, das archaische Symbol des Ouroboros bemüht und so die „ewige Wiederkehr des Gleichen“ (Nietzsche) verbildlicht. Die zwei eng verzahnten Titel „Blood Into Wine“ und „Worship“ schaffen es eindrucksvoll, eine endzeitliche Stimmung heraufzubeschwören. Genau so stellt man sich, durch Weltuntergangsfilme wie „2012“ geprägt, die musikalische Untermalung zum Armageddon vor – „am Ende der Welt auf eine neue Sonne zusteuernd“, wie es in „Worship“ heißt.

Den Abschluß bilden „Nyx“, zu dem auch ein Video gedreht wurde, und „The Three Beggars“. Dabei stellen die jeweils über zehn Minuten langen Lieder für sich je ein Gesamtkunstwerk dar, das sich dennoch nahtlos in die Konzeption des Albums einfügt. Schleppend, wie einst bei den schweizerischen Metal-Pionieren von Celtic Frost, erzählt „Nyx“ vom Tod der Nacht, aus deren Leiche sich die Schlange erhebt, um die Sterne auszulöschen. Die im Finale besungenen „drei Bettler“ wiederum stellen die Dreifaltigkeit des gefallenen Engels dar, der nach dem Weltenbrand über die tote Erde streift und danach trachtet, eine neue Herrschaft zu errichten.

„Seven Bells“ erfindet das schwarzmetallische Rad also zwar auch nicht neu, ist aber ein kreatives und hörenswertes Album. Der vielseitige Gesang und die erstklassige Produktion sollten inbesondere Black-Metal-Neulinge dazu einladen, dem niedersächsischen Trio Secrets of the Moon eine Chance zu geben.

Secrets of the Moon, Seven Bells Prophecy Productions, 2012 www.prophecy.cd  www.secretsofthemoon.org

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