© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/12 20. April 2012

Haltungsnote
Klagewillig
Christian Schwiesselmann

Daß Demokratie bisher nationalstaatlich organisiert war und sich mit der subtilen Aushöhlung nationaler Souveränität zugunsten eines europäischen Superstaates ebenfalls verflüchtigt, dämmert nun auch den alten Schlachtenrössern des bundesdeutschen Politikbetriebes.

Allen voran die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Die Grande Dame des Rechtsstaatsgedankens in der Sozialdemokratie, die bis 2009 dem Deutschen Bundestag angehörte, macht sich Sorgen um die Demokratie. „Im Zuge der Euro-Rettungspolitik werden Parlamente zunehmend entmachet und immer mehr Kompetenzen auf die EU-Ebene verlagert. Die Bürger bleiben außen vor“, moniert die Bürgerinitiative „Mehr Demokratie!“, für die Däubler-Gmelin und der Leipziger Staatsrechtler Christoph Degenhart Verfassungsbeschwerde gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den Fiskalvertrag einlegen wollen.

Mit den beiden Vereinbarungen sei eine „rote Linie“ überschritten worden, die das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen zur Euro-Rettung gezogen hat. Europa werde keine Zukunft haben, wenn es nur noch eine Veranstaltung von Regierungseliten sei, ließ die 68jährige bei der Vorstellung der Klage etwas von ihrer gefürchteten schwäbischen Beredsamkeit blitzen, die ihr den Ruf einer „Schwertgosch“ einbrachte – sie aber 2002 auch zu dem umstrittenen Hitler-Bush-Vergleich verführte, der ihre Bilderbuchkarriere abrupt beendete. Die Bürgerklage von Däubler-Gmelin, die 1975 in Bremen über den „Bildungsurlaub für Arbeitnehmer“ promovierte, kommt spät, aber hoffentlich nicht zu spät. Sie rührt zwar explizit nicht an den Wurzeln des Übels – der Gemeinschaftswährung –, sollte aber unterstützt werden.

www.verfassungsbeschwerde.eu

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