© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/12 20. April 2012

Umwelt
Tiere mit „Mihigru“
Volker König

Artenschwund durch Konkurrenten mit „Migrationshintergrund“ ist im Naturreich ein große Thema. Denn die Zahl der sogenannten Neozoen, in unseren Breiten ursprünglich nicht beheimatete Tierarten, nimmt seit Jahrzehnten beträchtlich zu. Doch so putzig Streifenhörnchen auf dem Freiburger Friedhof oder Halsbandsittiche im Wiesbadener Stadtpark auch sein mögen: Die Folgen der Zuwanderung vieler Neozoen können ein ernsthaftes Problem für die endemische Tierwelt werden. Dies beweist das Beispiel des Eichhörnchens: In England wird durch das aus Nordamerika eingeführte größere Grauhörnchen die heimische kleinere, rötliche Art unaufhaltsam verdrängt. Noch desaströser ist der amerikanische Nerz, der Mink, für die Vogelwelt der Insel. Im Zeitraum von 1982 bis 1989 gelang es ihm, in Schottland auf einem fast 1.000 Kilometer langen Küstenstreifen nahezu den gesamten Nachwuchs von Seeschwalben und Lachmöwen zu vernichten. Von der Globalisierung profitieren die „Kulturfolger“ im Tierreich. Das war bereits im 18. Jahrhundert so, als die Wanderratte mit Schiffen nach Europa eingeschleppt wurde.

Neozoen sind in der Regel durch den Menschen gezielt oder unbeabsichtigt eingeführte Tierarten aus fremden Kontinenten. Bekannte Beispiele sind die zum Zwecke der Pelzzucht nach Mitteleuropa gelangten amerikanischen Nerze oder die Nandus, südamerikanische Straußenvögel, die im Jahr 2000 einem Züchter entwischten und von der Wakenitzniederung ausgehend mittlerweile größere Populationen in Teilen Mecklenburgs gebildet haben. Immerhin hat die EU-Kommission dieses latente Problem erkannt, als sie ihre „Biodiversitätsstrategie für das Jahr 2020“ verabschiedete. Darin ist neben einem „besseren Ökosystemschutz“ auch von „engeren Kontrollen hinsichtlich invasiver gebietsfremder Arten“ die Rede.

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