© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/12 20. April 2012

Notbremse
Spaßgesellschaft: Das Internet-Auktionshaus Ebay stoppt kurzfristig die Versteigerung von Merkels VW Golf
Richard Stoltz

Verlegenheit beim Internet-Auktionshaus eBay. Die Versteigerung des weißen „Merkel-Golfs“ ist total in die Hose gegangen. Zunächst sah alles nach einem Riesengeschäft aus: Das Startangebot von 10.000 Euro kletterte in Windeseile auf 130.000 Euro. Doch dann wurden im selben Tempo sämtliche Angebote wieder zurückgezogen. Und plötzlich teilte eBay mit, daß die Auktion abgebrochen sei. „Artikel 280859472174 ist nicht mehr verfügbar.“

Was war passiert? Lag etwa eine Täuschung vor? Aber nein, zum Kauf stand das erste West-Auto, das Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, besessen und gefahren hat. Es handelte sich um einen VW Golf 2 von 1990, und die Nachbesitzer hatten ihn auch gut gepflegt, das Wägelchen sah adrett aus, der Vorbesitzer wäre es wohl für knapp 1.000 Euro losgeworden. Stattdessen gab er es als „historisches Erinnerungsstück“ zur Auktion, doch das ging gründlich schief.

Die Bieter hatten sich allesamt nur einen Spaß machen wollen. „Wir haben heute mit jedem von ihnen telefoniert“, teilte die eBay-Sprecherin mit, „und wir mußten feststellen, daß keiner ein ernsthaftes Interesse hatte.“ Dabei waren diese Bieter vorher sehr genau auf ihre Seriosität geprüft worden! Sie mußten dem Verkäufer neben der Kopie ihres amtlichen Ausweises mit Foto eine E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer sowie eine Unterschrift per Fax oder E-Mail zukommen lassen. Aber es nutzte alles nichts.

Es war im Grunde keine Verkaufsauktion, sondern eine richtige handfeste Polit-Aktion. Die vorgeblichen Kaufinteressenten wollten gar nichts kaufen, sie wollten offenbar nur demonstrieren, wie spaßig sie Erinnerungsstücke gegenwärtiger aktiver Politiker finden, und seien es die höchststehenden.

Übrigens, im Jahr 2005 wurde ein Auto des heutigen Papstes Benedikt XVI. versteigert, ebenfalls ein VW Golf. Die Auktion erbrachte einen Preis von fast 190.000 Euro. Kein einziger Bieter hatte sich nur einen Spaß machen wollen, obwohl die „Spaßgesellschaft“ damals gerade auf ihrem Höhepunkt war.

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