© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/12 20. April 2012

„Ökonomischer Patriotismus“
Marine Le Pen über ihre politischen Ziele
Friedrich-Thorsten Müller / Moritz Schwarz

Frau Le Pen, in Deutschland heißt es, rechte Parteien hätten außer Protest inhaltlich nichts zu bieten.

Le Pen: Dann lassen Sie mich mein Wirtschaftskonzept kurz skizzieren: Das erste, worum ich mich kümmern würde, wäre das, was ich „schlechte Ausgaben“ nenne. Das sind etwa die Kosten der Einwanderung, die beträchtlich sind, oder die der EU. Vor allem aber greift der zweite Punkt: Ich würde dieses ökonomische System verlassen, das uns einengt. Seit dem Jahr 1973 haben wir 1,4 Billion Euro Zinsen an die Finanzmärkte bezahlt. Ich würde dem Staat erlauben, jährlich bei der Zentralbank hundert Milliarden Euro – wie vor 1973 – zinslose Schulden aufzunehmen. Dafür würde ich 45 Milliarden Euro für die Schuldentilgung, 45 Milliarden Euro für Zinszahlungen und zehn Milliarden Euro für Konjunkturprogramme verwenden um damit einen Plan der Vitalität – und nicht einen der Strenge umsetzen. Diese Maßnahmen würde ich mit einem „intelligenten Protektionismus“ verbinden. Das was ich „ökonomischen Patriotismus“ nenne. Dazu gehören etwa Kampagnen die auf den Kauf französischer Waren abzielen, wie wir das beispielsweise aus Kanada kennen. Das wäre eine vollständige Veränderung des ökonomischen Modells und es ist das einzige Konzept, das unserer Wirtschaft wieder Sauerstoff gibt, das uns Arbeitsplätze zurückgeben kann.

Pardon, und kein Wort zur Euro-Krise?

Le Pen: Aber ja, denn die Euro-Rettungspolitik läßt uns verarmen. Sie hilft uns zwar Zeit zu gewinnen, aber nicht die Probleme der Länder zu lösen, für die wir das Geld aufbringen. Denn deren Sparpolitik führt zur wirtschaftlichen Schrumpfung, diese wiederum führt zu sinkenden Steuereinnahmen. Das wiederum verschärft das Defizit. Wir sind damit in einer Abwärtsspirale. Ich bin dafür, daß sich die Europäer an einen Tisch setzen und sich endlich eingestehen, daß der Euro gescheitert ist.

Im Klartext: Den Euro abschaffen?

Le Pen: Ich fordere unmißverständlich, daß wir unsere Währungsfreiheit wiederfinden. Der Euro hat in zehn Jahren keines seiner Versprechen gehalten – egal ob Inflation, Arbeitslosigkeit, Verschuldung oder Werksverlagerungen ins Ausland. Wir sehen im Euro in Zukunft eine Währung, die weiter entwickelt wird und mit dem Franc koexistiert, den wir wieder erlauben, sollten die Franzosen in einer Volksabstimmung dem zustimmen.

Die meisten Beobachter sind sich darin einig, daß Sie versuchen, den Front National zu „modernisieren“. Wie aber sieht das konkret aus, etwa beim Thema Einwanderung zum Beispiel?

Le Pen: Auch da will ich Ihnen meinen Standpunkt gerne umreißen: Zunächst einmal bin ich dagegen, illegalen Einwanderern nachträglich einen Aufenthaltsstatus zu geben, da dies ein massiver Anreiz für zukünftige illegale Einwanderung darstellt. Darüber hinaus haben wir fünf Millionen Arbeitslose und acht Millionen Arme im Land. Folglich können wir keine weiteren Einwanderer mehr aufnehmen. Ich meine also, wir sollten nach einer gewissen Frist arbeitslose Einwanderer in ihre Herkunftsländer zurücksenden. Ansonsten bin ich für eine „nationale Bevorzugung“, das heißt bei gleicher Qualifizierung, soll ein Franzose für einen Job Vorrang haben. Dabei gilt auch für ausländische Studenten: Wir bilden diese nicht dafür aus, damit sie dann in Frankreich arbeiten und unseren Absolventen Konkurrenz machen. Vielmehr ist es eine großzügige Geste, daß wir sie dieses Wissen von uns in ihre Heimatländer mitnehmen lassen, um dort dann die künftigen Eliten zu stellen.

 

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