© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/12 13. April 2012

Frisch gepresst

Tsingtau. Selbstredend geht es im neuen Buch des fleißig produzierenden Seefahrtshistorikers Hans Georg Prager wieder um Schiffe, Werften, Reedereien. Doch diesmal gönnt Prager seinen Lesern einen ausgedehnten Landgang im exotischen Tsingtau, der einzigen deutschen Besitzung in China. Deren Geschichte zwischen der Gründung 1899 und der Eroberung durch japanische Streitkräfte 1914 bildet dabei den einen, ihre Entwicklung zur heutigen Hafenmetropole Qingdao den anderen Schwerpunkt dieses verschwenderisch mit seltenen Aufnahmen ausgestatteten Werkes. Neben der Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte der deutschen „Musterkolonie“, die nie vom Reichskolonialamt, sondern vom Reichsmarineamt verwaltet wurde, kommt die Kulturgeschichte aber leider etwas zu kurz, da Prager nur einige Zeilen verliert über das Wirken des in Tsingtau aktiven Missionars und Sinologen Richard Wilhelm (1873–1930), dessen „Erbe“ für die deutsch-chinesischen Beziehungen auch im 21. Jahrhundert mindestens so bedeutsam ist wie ein florierender Warenaustausch. (dg)

Hans Georg Prager: Tsingtau/Qingdao. Deutschlands Erbe in China. Ares Verlag, Graz 2012, gebunden, 252 Seiten, Abbildungen, 29,90 Euro

 

Fukushima. Das Seebeben, das vom 11. März 2011 an die Ostküste Japans erzittern ließ und bei den Atommeilern von Fukushima zum „größten anzunehmenden Unfall“ führte, hat mit Angela Merkels promptem „Atomausstieg“ auch die deutsche Politik nachhaltig verändert. An dieser abrupten „Energiewende“ ist die multimediale Vermittlung der japanischen Katastrophe wesentlich beteiligt. Und zwar durch „Hysterie und Panikmache“, wie der Bonner Japanologe Reinhard Zöllner meint, der in Tokio am 11. März am Schreibtisch saß, als der „Fußboden zu wackeln begann“. Zöllner, ein ausgewiesener Kenner des Inselreiches, schildert im Protokoll zweier Krisenwochen sein persönliches Erleben und macht mit der Geschichte einer an Naturkatastrophen „gewöhnten“ Nation ebenso vertraut wie mit den Strukturen der japanischen Atomwirtschaft. Dieses tiefere Wissen, welches Zöllner besonders beim ARD-Korrespondenten Robert Hetkämper vermißt hatte, habe die deutsche Berichterstattung zum Komplex „Fukushima“ nicht einmal gestreift. (jr)

Reinhard Zöllner: Japan. Fukushima. Und wir? Zelebranten einer nuklearen Katastrophe. Iudicium Verlag, München 2011, broschiert, 164 Seiten, Abbildungen, 14 Euro

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