© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/12 06. April 2012

Frisch gepresst

Polens Deutschexperten. Ein Sammelband, der im Untertitel Porträts zur „Fachgeschichte“ der polnischen Germanistik offeriert, darf, so ist zu befürchten, nur auf den kleinsten Lesezirkel hoffen. Das ist bedauerlich, denn das von den Breslauer Germanisten Wojciech Kunicki und Marek Zybura edierte Werk führt im disziplinhistorischen Medium tief in die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte nach 1945 ein, die nicht nur Literaturwissenschaftler interessieren dürfte. Als erster Leckerbissen sei Zyburas Biographie des an Bonner Universitäten einst hofierten Marian Szyrocki (1928–1992) empfohlen. Trotz fehlender altphilologischer Ausbildung als „Barockexperte“ anerkannt, betrieb dieser „polnische Nationalist“ seit 1960 im Auftrag kommunistischer Sicherheitsdienste „Einflußarbeit“ im Westen, verfaßte unter Decknamen zahllose Presseartikel „gegen den deutschen Revisionismus“ und bespitzelte 1981/82 sogar noch regimekritische Breslauer Kollegen, um im Nachruf des erfolgreich „bearbeiteten“ Klaus Garber (Osnabrück) für seinen „Mut gegenüber den Scharfmachern“ der „Volksrepublik“ gefeiert zu werden – naive Polenbegeisterung, die zu keinem lichten Kapitel bundesdeutscher Wissenschaftsgeschichte gehört, über das noch zu schreiben sein wird. (gf)

Wojciech Kunicki, Marek Zybura (Hrsg.): Germanistik in Polen. 18 Porträts. Fibre Verlag, Osna-brück 2011, broschiert, 400 Seiten, 35 Euro

 

Rußland 1812. Von den über 400.000 Soldaten, mit denen Napoleon seinen Rußlandfeldzug begann, waren nicht einmal die Hälfte Franzosen. Die meisten, die unter dem Befehl des Korsen am 24. Juni 1812 über die Memel Richtung Osten zogen, waren Truppen unterworfener Staaten, unter ihnen Friedrich Peppler, Leutnant im Großherzoglich Hessischen Leibregiment. Über Minsk, Smolensk zog er mit der Grande Armée Richtung Osten, war Teilnehmer der Schlacht von Borodino und nach der Einnahme Moskaus damit beauftragt, die darbende Armee durch Requirierung von Nahrung in der nahen Umgebung zu versorgen. Dabei von Kosaken gestellt, mußte Peppler eine fast zweijährige Gefangenschaft als „französischer Hund“ erdulden. Die fesselnde Schilderung seiner russischen Odyssee haben jetzt, fünf Generationen später, seine Ahnen neu herausgegeben. (bä)

Wilhelm Peppler (Hrsg.): Friedrich Peppler – Schilderung meiner Gefangenschaft in Rußland 1812 bis 1814. Karlsbader Verlag, Karlsbad 2011, gebunden, 136 Seiten, 14,95 Euro

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen