© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/12 06. April 2012

Graben in der Kampfzone
Die Archäologie auf dem Schlachtfeld
Lydia Conrad

Ein Schlachtfeld ist der Urtyp eines Ortes, an dem Geschichte gemacht wurde. Deshalb bietet es sich auch an, diese Stätten besonders intensiv archäologisch zu untersuchen: Hierdurch werden interessante Details des Kriegsalltages vergangener Zeiten sichtbar und manchmal ergibt sich sogar die Möglichkeit, verzerrte Geschichtsbilder zu korrigieren oder Lücken in der mündlichen und schriftlichen Überlieferung zu schließen.

Allerdings dauerte es trotz dieses evidenten Nutzens überaus lange, bis sich die Schlachtfeldarchäologie auch hierzulande als eigenständige Disziplin etablieren konnte. Das geht einmal mehr auf das Konto der deutschen Wissenschaftsszene, welche auf sinnvolle Entwicklungen meist deutlich träger reagiert als auf die vielen überflüssigen, aber zeitgeistkompatiblen Moden. Mittlerweile liegen brauchbare Ergebnisse vor, welche die beiden Archäologen Thomas Brock und Arne Homann anschaulich zusammengefaßt haben. Dabei reicht die Bandbreite der vorgestellten Lokalitäten vom bronzezeitlichen Kampfplatz im Tollensetal über Kalkriese (den wahren Ort der „Schlacht im Teutoburger Wald“) und das Harzhorn, wo 235 n. Chr. die Truppen des Maximinus Thrax auf germanische Kämpfer trafen (zuletzt JF 8/12), bis zu den „klassischen“ Schlachtfeldern von Lützen (1632), Wittstock (1636), Großbeeren (1813) und Idstedt (1850).

Des weiteren wird über die Untersuchungen im Bereich der Schauplätze der Auseinandersetzungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges berichtet. Leider aber erfährt dieser Themenkomplex nur eine sehr knappe und summarische Behandlung, was befremden muß. Immerhin ist die aktuelle Relevanz der Schlachtfeldarchäologie hier doch am größten, denn sie ermöglicht eine Überprüfung der Legenden und zweifelhaften Darstellungen von Kampfhandlungen in Kriegstagebüchern und der Memoiren- bzw. Forschungsliteratur, welche heute noch das offizielle Geschichtsbild prägen. Dabei muß es übrigens gar nicht immer um die „großen“ Schlachtfelder gehen – manchmal würden auch schon Untersuchungen an militärisch relevanten Lokalitäten wie Kriegsgefangenenlagern oder Orten kleinerer Scharmützel helfen.

Thomas Brock & Arne Homann: Schlachtfeldarchäologie. Auf den Spuren des Krieges. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2011, gebunden, 112 Seiten, Abbildungen, 24,95 Euro

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