© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/12 06. April 2012

Eliten und Niedrigleister: Ausgegrenzte ohne Klassenbewußtsein
Böse fragmentierte Gesellschaft
(hw)

Totgesagte leben länger. Mithin können linke Sozialwissenschaftler im SPD-Organ Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte (3-2012) die Rückkehr der „Klassengesellschaft“ aufs Korn nehmen. Das Wort „Elite“ erlebe eine Renaissance, angestoßen freilich einst vom SPD-Kanzler Gerhard Schröder, wie Axel-Springer-Preisträgerin Julia Friedrichs maliziös vermerkt. Bei ihren Besuchen in den Ausbildungszentren, in Hochschulen und Internaten der Elite, glaubt Friedrichs, daß die „fragmentierte Gesellschaft“ ihr Rohbaustadium längst hinter sich gelassen habe. Eine „Wertekultur“ sei inzwischen Alltag, in der Schwächere als „Niedrigleister“ rangieren und der privilegiert-elitären Minderheit „Demut und Bescheidenheit“ fremd sei. Obwohl eigenes Verdienst bei Elite-Karrieren eher eine kleinere Rolle spielt. Denn 85 Prozent der Vorstandsvorsitzenden der hundert größten Unternehmen und zwei Drittel der oberen Verwaltungsbeamten stammen aus der Oberschicht, die nur 3,5 Prozent der Bevölkerung ausmacht. In keiner anderen Industrienation entscheide die Herkunft so wie bei uns über Schulerfolg und Laufbahn. Dieser neuen Klassengesellschaft fehle in den unteren Schichten jedoch, so der Dortmunder Politologe Thomas Meyer, das Klassenbewußtsein. Es widerspreche aber aller historischen Erfahrung, daß soziale Ausgrenzung auch zukünftig mit einem Achselzucken hingenommen werde.

www.frankfurter-hefte.de

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