© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/12 30. März 2012

Ausstieg mit Ansage
Niederlande: Der Austritt Hero Brinkmans aus der Geert-Wilders-Partei PVV sorgt für einigen politischen Wirbel / Debatte um Parteineugründung
Mina Buts

Einer Protestpartei angehören und gleichzeitig politisch korrekt sein wollen, das geht nicht“, das ist der Tenor, den nicht nur das niederländische Nachrichtenmagazin Elsevier anschlägt, wenn es um den Austritt von Hero Brinkman aus der rechten Protestpartei PVV geht. In der vergangenen Woche hatte Brinkman überraschend seinen Abschied von der Geert-Wilders-Partei angekündigt.

 Überraschend, da Brinkman als Grund für seine Entscheidung den umstrittenen „Polenmeldepunkt“ der PVV angegeben hatte, den es aber bereits seit Wochen gibt. Bei diesem können Niederländer via Internet Klage über Osteuropäer führen, die entweder falsch geparkt haben, jemandem einen Job weggenommen haben oder sich eines anderen Vergehens schuldig gemacht haben.

Von der EU wurde Wilders deswegen heftig kritisiert, das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Auf der anderen Seite gab es bereits über 100.000 Eingaben – von denen allerdings die Hälfte, so behauptet Brinkman, den „Polenmeldepunkt“ an sich abgelehnt hätten.

Eigentlich schließt Brinkmans Schritt nur eine schon lange währende Entfremdung zwischen ihm und Wilders ab. Brinkman hatte schon häufig die hierarchische Struktur der PVV kritisiert – Wilders ist immer noch das einzige Parteimitglied, wählt die Mandatsträger aus und legt die politische Marschrichtung fest. Eine von Brinkman seit Jahren geforderte Nachwuchsorganisation lehnt er nach wie vor ab, innerparteiliche Richtungsstreitigkeiten finden nicht statt. Brinkman bezeichnete die PVV als „perverse“ Partei, da Wilders alleine entscheidet, wer dazugehören darf und wer nicht. Auch eine Offenlegung der Parteifinanzierung mahnte Brinkman an und unterstellte, daß diese durch „amerikanische Lobbyclubs“ erfolge.

 Nachdem nun aber klar geworden war, daß nicht Brinkman, sondern Martin Bosma (JF 5/11) als Kronprinz von Wilders gehandelt wird, ja, Wilders ihn nicht einmal mehr als Kandidat für die kommenden Wahlen vorgesehen hatte, sah sich der 47jährige unter Zugzwang und erklärte seinen Austritt. Brinkman selbst hat sich mit seinem Schritt zum Zünglein an der Waage gemacht. Bislang verfügte die Regierungskoalition aus Liberalen und Christdemokraten unter Duldung der PVV über die denkbar knappste Mehrheit von einer Stimme in der Zweiten Kammer – 76 von 151 Sitzen. Seit dem 20. März bildet der eitle Brinkman nun eine Einmann-Fraktion.

Dabei ist es ein offenes Geheimnis, daß er schon seit Wochen Kontakt mit Rita Verdonk von der konservativen Partei Trots op Nederland (TON) hat. Möglich wäre vielleicht eine neue Partei aus enttäuschten PVV-Anhängern, TON und der Liste Pim Fortuyn. Die Aufmerksamkeit der Medien wäre ihnen zumindest anfangs als gegen die PVV gerichtete Partei sicher. Auf der anderen Seite würde eine solche Gruppierung nicht als echte Alternative angesehen werden: Hatte nicht Brinkman selbst noch im vergangenen Jahr für ein Kopftuchverbot bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel plädiert?

Vorzeitige Wahlen jedenfalls, wie sie aus den Reihen der Sozialdemokraten schon gefordert werden, wird es wohl nicht geben. Eher noch wird sich Ministerpräsident Mark Rutte von den Liberalen die Unterstützung durch die radikal-christliche SGP (Staatkundig Gereformeerde Partij), die über zwei Sitze im Parlament verfügt, sichern. Auch Brinkman kann kein verfrühtes Wählervotum wollen. Er kann weder eine politische Alternative vorweisen noch wäre er – letzten Umfragen zufolge – bei Neuwahlen zum jetzigen Zeitpunkt wieder dabei.

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