© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Umwelt
Viel kleiner als Viren
Michael Howanietz

Die Umweltforscher des Center for International Environmental Law (CIEL) halten die EU-Gesetzgebung zur Nanotechnologie (JF 40/11) für ungenügend. In der Studie „Just out of REACH“ wird aufgezeigt, weshalb ein eigenes Nano-Regelwerk unerläßlich ist. Zum einen könnten die Materialien (Partikel hundertmal kleiner als Viren) auf Basis der EU-Chemikalienverordnung (REACH) nicht als solche identifiziert werden, da es keine klare Definition dafür gebe. Damit obliege die Deutungshoheit, ob Nanostoffe solche sind, alleine den Herstellerfirmen. Das sei nicht akzeptabel. Auch die REACH-Risikobewertung sei ungeeignet, da Nanopartikel aufgrund ihrer Größe von Mensch und Umwelt in einer anderen, nicht vergleichbaren Weise aufgenommen würden. Zudem hänge die für die Registrierung nötige Datenmenge vom Produktionsvolumen des jeweiligen Stoffes ab. Aufgrund der kleinen Produktionsmengen von Nanomaterialien sei dieser Zugang in ihrem Fall sinnlos.

„Die Forderung nach eigenständigen Nano-Regularien ist keineswegs übertrieben.“

Die CIEL-Juristen bemängeln zudem, daß die für Chemikalien gültigen Registrierungsbedingungen und -fristen, den Nano-Ansprüchen nicht genügen. Nanomaterialien würden nicht eigenständig bewertet, sondern den Chemikalien zugeordnet, aus denen sie bestehen. REACH ignoriere so die spezifischen Nano-Eigenschaften, die sich von den Ausgangsstoffen in Form, Größe und Wirkung unterscheiden. Die Forderung nach eigenständigen Nano-Regularien ist keineswegs übertrieben angesichts der nicht einmal exakt ermittelbaren, jedoch rapide steigenden Zahl von Nanoprodukten auf dem deutschen Markt. Nanopartikel dienen längst nicht nur als Lackschutz für Autos oder in der Medizin – „Nano“ ist längst auch in Sonnencremes, Kosmetika, Haushaltsreinigern, Textilien oder Nahrungsergänzungsmitteln. Und die meisten sind ungenügend geprüft.

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