© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Kulturgeschichte: Innovative Mediävistik in der Weimarer Republik
Für eine globale Verbreitung gesorgt
(wm)

Die nach 1918 expandierende „kulturhistorische“ Richtung in der deutschen Geschichtswissenschaft ist von den auf die „Politik der großen Mächte“ fixierten Traditionalisten des Faches als geistige „Novemberrevolution“ bekämpft worden. Wirtschafts-, Sozial-, Ideen- und Mentalitätsgeschichte, vereint unter dem Dach der Kulturgeschichte, so wetterte der alldeutsche Mediävist Georg von Below (1858–1927), seien Vehikel, um ein „sozialistisches Geschichtsbild“ durchzusetzen. Daß es dabei, im Rahmen der siedlungshistorischen Landeskunde, ganz gegen von Belows Befürchtungen zur ideologischen „Wegbereitung“ des NS-Staates kam, ändere nichts, wie Wolfgang Hasberg in seiner Studie über die Weimarer „Mediävistik als Avantgarde“ (Archiv für Kulturgeschichte, 2-2011) argumentiert, an dem Umstand, daß die Landes- als Teil der Kulturgeschichte zu den „innovativen Kräften“ des Faches zählte. Mit der Hinwendung zur materiellen Kultur, mit ihrer Öffnung hin zu neuen Methoden und Paradigmen wie Konstruktivität und Narrativität der Historie verfolgten Mediävisten wie der 1938 in die USA emigrierte Ernst H. Kantorowicz oder der OKW-Kriegstagebuchschreiber Percy Ernst Schramm zukunftsfähige Forschungsansätze, die durch andere deutsch-jüdische Emigranten „globale Verbreitung“ fanden. (wm) www.boehlau-verlag.com

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