© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

DVD: Der große Crash
Bösartiges System
Werner Olles

In die Welt der global agierenden Investmentfirmen und Wall-Street-Banken, in die Welt der Vermögensberater, Wertpapierhändler, Börsenmakler und Analysten führt uns J. C. Chandors Thriller „Der große Crash“ („Margin Call“, 2011). Brillant besetzt mit Kevin Spacey, Jeremy Irons, Demi Moore und Stanley Tucci, gewährt Chandors Debütfilm nicht nur beklemmende Einblicke in die Chefetagen eines aus den Fugen geratenen Finanzsystems, sondern läßt den Zuschauer unmittelbar erleben, welche folgenschweren Entscheidungen zum Urknall einer Finanzkrise führten, die noch längst nicht ausgestanden ist.

Als Eric Dale (Stanley Tucci), Risikomanager einer großen New Yorker Investmentbank, unvorhergesehen entlassen wird, übergibt er einem seiner Mitarbeiter einen USB-Stick, dessen brisante Daten erkennen lassen, daß die Firma vor ihrem finanziellen Untergang steht. Die alarmierte Konzernführung und der Vorstandsvorsitzende John Tuld (Jeremy Irons) beschließen eine hochspekulative Rettungsaktion, in deren Verlauf die Händler schließlich 93 Prozent der aus „faulen“ Papieren bestehenden Werte veräußern können. Dales ehemaliger Chef Sam Rogers (Kevin Spacey), der sich zunächst aus moralischen Gründen gegen den betrügerischen Rettungsplan gewandt hatte, wird von Tuld mit einem hohen Bonus „überzeugt“. Am Ende des erfolgreichen Verkaufstages müssen zwar einige Händler entlassen werden, doch die Bank wurde noch einmal gerettet.

„Der große Crash“ ist ein Film über die unermeßliche Gier und zerstörerische Macht von Finanzjongleuren, die jedoch selbst in einer Maschinerie gefangen sind, die ihnen längst über den Kopf gewachsen ist, und er zeigt die Angst dieser Menschen vor einer dramatischen und moralischen Katastrophe, die unausweichlich auf sie zukommt. Es ist eine hochspannende Achterbahnfahrt voller Intensität und Dramatik.

Daß der Film übertreibt, ist nicht zu befürchten: Chandors Vater arbeitete selbst als Finanzmakler bei Merrill Lynch, neben Goldman Sachs eines der größten Investmentunternehmen. Vielleicht zeichnet er seine Protagonisten deshalb nicht nur als korrupte und charakterlose Figuren, sondern auch als Gefangene eines gleichermaßen faszinierenden wie bösartigen Systems.

DVD: Der große Crash. Koch Media 2012, Laufzeit etwa 105 Minuten

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