© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Mit Keuchhusten zum Torjubel
Vor der Fußball-Europameisterschaft: Die Ukraine fordert alle Fans auf, sich gegen allerlei Krankheiten impfen zu lassen
Richard Stoltz

Ein guter Rat ist besser als eine schwere Torte“, sagen die Ukrainer, und sie sagen auch: „In Not gegeben ist doppelt gegeben.“ Deshalb ist es irgendwie verständlich, daß sie jetzt, im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft, die sie kommenden Juni zusammen mit den Polen ausrichten, mit wahren Horror-Mitteilungen herausrücken, die geeignet sind, auch den treuesten Fan abzuschrecken oder wenigstens nachdenklich zu machen. Natürlich lag dergleichen nie und nimmer in der Absicht der Kiewer Offiziellen, doch das macht die Sache nur noch drolliger.

Voriges Jahr gab es in der Ukraine und in Südostpolen eine (nicht allzu schlimme) Masern-Epidemie, Tausende von jungen Leuten erkrankten, einige starben sogar. Offenbar in Erinnerung an diese Tragödie trat nun vor einigen Tagen eine Sprecherin des Kiewer Gesundheitsministeriums vor die Öffentlichkeit und forderte alle Fußballfans und potentiellen ausländischen Gäste der Europameisterschaft dazu auf, sich vor Reiseaufbruch „ordentlich impfen beziehungsweise neuimpfen zu lassen“, und zwar nicht nur gegen Masern, sondern auch gegen Röteln, Diphtherie, Keuchhusten, Tuberkulose, Windpocken.

Nur so, führte die Regierungssprecherin aus, könne ein „gesunder und fröhlicher“ Verlauf der Europameisterschaft garantiert werden, eine Impfung gegen Malaria sei glücklicherweise nicht erforderlich, da weder die Ukraine noch Polen zur tropischen Zone gehörten. Auch werde man das Ereignis auf keinen Fall von der Eventliste streichen, es werde mit Sicherheit ein großer Erfolg. Aber der Erfolg sei nun eben einmal – „wie eines unserer gebräuchlichsten Sprichwörter sagt“ – wie ein Koffer ohne Griff. Es ist schwer, ihn zu tragen, aber viel zu schade, ihn stehenzulassen.

Die internationalen Korrespondenten auf der Pressekonferenz blieben gelassen. Ein Herr aus Polen machte sogar eine freche und erhellende Bemerkung: „Wenn die Fahnen fliegen, ist der Verstand in der Trompete. Dieses unser polnisches Sprichwort paßt viel besser zum Fußball.“

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