© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/12 23. März 2012

Bund verweigert Staatshilfen für Drogeriekette Schlecker
Ein Ende mit Schrecken
Markus Brandstetter

Als Schlecker Insolvenz anmelden mußte, haben sich viele vor Häme überschlagen: Deutschlands unbeliebtester Unternehmer war endlich am Ende. Doch inwischen ist manchem aufgefallen, daß dort auch noch 33.000 ganz normale Menschen um ihre Stellen bangen müssen. Von denen soll nun ein Drittel entlassen oder für ein Jahr in eine Transfergesellschaft ausgelagert werden. Was sie dort tun sollen, wie lange sie da angestellt bleiben und was dann mit ihnen geschieht, ist bislang allerdings nicht klar. Angeblich können sie sich während dieser Zeit weiterqualifizieren, um neue Anstellungsmöglichkeiten zu finden.

Aber wer braucht Tausende Drogerieverkäuferinnen, die PC-Kurse absolviert und gelernt haben, wie man einen Lebenslauf schreibt? Und von woher sollen die 71 Millionen Euro kommen, die die Transfergesellschaften laut Insolvenzverwalter mindestens benötigen? Gewerkschaften, Linke und SPD fordern: Das Geld kommt vom Staat. Da der Bund nicht will, sollen die Bundesländer nun Bürgschaften für KfW-Kredite geben, damit es nochmal ein paar Monate weitergeht. Jetzt soll noch einmal gepflastert und geschminkt werden, weil ein bißchen weiterwursteln so viel besser aussieht als ein Ende mit Schrecken, das aber sowieso kommen wird.

Doch schlechte Erfahrungen sprechen dagegen. Bei Philipp Holzmann, Quelle oder der oberpfälzischen Maxhütte – überall wollten Politik und Gewerkschaften, immer im letzten Moment und meist aus Wahltaktik, mit Steuergeldern Arbeitsplätze retten. Doch die Mühe war vergeblich. Nun soll also mit genau den Steuermillionen, die auch von Schleckers erfolgreicheren Wettbewerbern, von konzernunabhängigen Drogisten, Apothekern und Einzelhändlern bezahlt werden, der Rest von der Braut geschmückt werden. Denn das ist die wahre Absicht hinter dem Getrommel für Staatshilfen: Der Insolvenz­verwalter will die aus seiner Sicht nicht überlebensfähigen 2.200 der noch vorhandenen 5.400 Filialen schließen, damit er den Rest an Investoren verkaufen kann, die angeblich schon Schlange stehen.

Der Gesamtplan sähe dann so aus: Der Schrott wird wie immer beim Steuerzahler abgeladen. Der werthaltige Rest wird an einen Privatinvestor verkauft, der gerne zugreift, weil er die Rosinen ohne Altlasten bekommt. Gewerkschafter und Politiker werden zu Helden der Arbeit, die Staatsbank KfW bürdet sich einen weiteren faulen Kredit auf. Die 11.700 Frauen in der Transfergesellschaft sind nach einem Jahr genauso arbeitslos wie jetzt auch, aber dann redet kein Mensch mehr über Schlecker. Mit den Drogeriemarkt-Filialen wird es weitergehen wie bei Quelle und Karstadt auch: Einige Zeit überleben alle, bis die meisten schließlich ganz plötzlich doch am Ende sind. Aber dann sind alle die, die von der Schlecker-Rettung in der Zwischenzeit profitiert haben, längst über alle Berge.

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