© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/12 16. März 2012

Haltungsnote
Quote statt Rosen
Christian Schwiesselmann

Ein jeder kehr’ vor seiner Tür und sauber wird das Stadtrevier.“ Diese Lebensweisheit möchte man den Jungsozialisten im thüringischen Unstrut-Hainich-Kreis an die digitale Pinnwand heften. Deren Vorsitzender, Oleg Shevchenko, trat am internationalen Frauentag in den parteiinternen Überbietungswettbewerb ein und postulierte eine 50prozentige Frauenquote für Führungspositionen in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung. „Viel zu lange hat sich die Politik darauf beschränkt, am 8. März Rosen zu verteilen. Uns reicht das nicht. Wir fordern echte Gleichstellung anstatt blumiger Lippenbekenntnisse“, tönte der stellvertretende Schülersprecher des Tilesius-Gymnasiums in Mühlhausen.

Frauen würden nicht nur einen Großteil der Haus- und Familienarbeit neben ihrem regulären Berufsleben leisten, sondern oftmals auch dadurch beeinträchtigt, daß sie von ihrem Arbeitgeber nach einer Schwangerschaft nicht die Möglichkeit bekämen, schnell wieder an ihre vorherige Karriere anzuknüpfen. „Darüber stoßen Frauen immer wieder an die gläserne Decke, das heißt, der Zugang zu Führungspositionen wird ihnen bewußt oder unbewußt verwehrt, nur weil sie Frauen sind“, empört sich Shevchenko.

Vielleicht hat Shevchenko diese feministischen Floskeln im SPD-Kreisvorstand aufgeschnappt, dem er angehört. Wahrer werden sie jedenfalls durch’s Nachplappern nicht. Ein Ketzer würde fragen, warum Shevchenko und sein Stellvertreter Halit Küçük nicht mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Posten für Frauen räumen, schließlich liegt die Quote im Juso-Kreisvorstand nur bei 25 Prozent. Sicher ist, daß die gut vernetzten Karrierefrauen seiner eigenen Partei dem unschuldigen Jüngling bald den Kopf waschen werden – und so die Klischeevorstellungen vom edlen Weibe und bösen Patriarchen revidieren.

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