© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/12 16. März 2012

Anhaltende Kontroverse um gesetzliche Krankenkassenbeiträge
Keine Wahlgeschenke
Jens Jessen

Bis Ende 2011 haben sich die Überschüsse bei den gesetzlichen Krankenkassen auf zehn Milliarden Euro summiert (JF 52/11). Weitere zehn Milliarden hat der Gesundheitsfonds aufgehäuft. Nach Abzug der gesetzlichen Reserve im Fonds könnte mit den bleibenden rund sieben Milliarden Euro der Kassenbeitrag von 15,5 auf 14,9 Prozent gesenkt werden. Davon hält die Regierung ebenso wenig wie der Chef des AOK-Bundesverbandes, Jürgen Graalmann.Die Gegner der Beitragssenkung wollen Verläßlichkeit und nicht einmalige Prämienauszahlungen und dafür morgen Zusatzbeiträge.

Zu lange war die gesetzliche Krankenversicherung Spielball der Politik. Gute Jahre für die Kassen wurden zum Zahltag an die Mitglieder, womit sich die Politiker brüsteten. Bei schwächelnder Konjunktur mußten die Beiträge erhöht werden. Kassen und Anbieter von Gesundheitsleistungen wurden politisch ausgepfiffen. Die Vernunft erfordert in guten Zeiten neben den gesetzlichen Reserven eine zusätzliche Rücklagenbildung, mit denen in Konjunkturtälern die Kassenbeiträge stabilisiert werden können. Beitragserhöhungen in schlechten Zeiten führen zum Konsumverzicht der Versicherten und damit zu einem weiteren Abschwung der Konjunktur. Graalmann weist zu Recht auf die Relationen von Überschuß und Ausgaben bei der AOK hin: Ein Überschuß von 1,3 Milliarden Euro entspricht den Leistungsausgaben von einer Woche.

Die Sparpakete aus der Gesundheitsreform laufen 2013 aus. Daher werden die Kassenausgaben wieder stark steigen. Die aufgebauten Reserven müssen die wachsenden Ausgaben auffangen. Finanzminister Wolfgang Schäuble will angeblich die Bundeszuschüsse für die Kassen um vier Milliarden Euro pro Jahr absenken. Doch vorgesehen ist der Steuerzuschuß für versicherungsfremde Leistungen wie die kostenlose Familienversicherung oder Haushaltshilfen. Eine Kürzung wird zu einer zusätzlichen Belastung der Beitragszahler der Krankenkassen.

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