© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/12 16. März 2012

Grüße aus London
Stadt der vielen Messer
Derek Turner

Am 2. März wurde der 17jährige Kwame Ofosu-Asare in Brixton von zwei anderen schwarzen Jugendlichen erstochen. Alle Anzeichen deuteten auf eine zufällige Auswahl des Opfers hin. Es war der achte schwere Messerangriff in London innerhalb einer Woche, wenn auch der einzige mit tödlichem Ausgang. In großen Teilen Englands war die Kriminalitätsrate zuletzt rückläufig. Dagegen stieg die Zahl der Messerangriffe  in London seit 2010 um neun Prozent an, die der schweren Gewalttaten durch Jugendliche um fünf Prozent.

Das Olympische Komitee hat bereits Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Besuchern der diesjährigen Olympischen Spiele angemeldet. Zwar findet ein Großteil aller Verbrechen in Gegenden statt, in die sich ohnehin selten ein Tourist verirrt – doch der Mord an dem 18jährigen Seydou Diarrassouba am 26. Dezember in einer Filiale eines beliebten Sportschuhgeschäfts in Oxford zeigt, derartige Messerangriffe können überall und jederzeit vorkommen.

Die gewalttätige Straßenkriminalität in London betrifft vor allem die Einwanderer aus der Karibik. 2007 machten Schwarze 10 Prozent der Bevölkerung im Großraum London aus. Nach Polizeiangaben stellte diese Minderheit in London jedoch 54 Prozent der Täter bei Straßenkriminalität in London, 59 Prozent der Täter bei Raubüberfällen, 67 Prozent bei Verbrechen mit Schußwaffen (sowie die Mehrheit der Opfer solcher Verbrechen) und 32 Prozent bei Vergewaltigungen. Die Sondereinheit der Londoner Polizei, die bereits 1988 gegründet wurde, um der Schußwaffenkriminalität Herr zu werden, hat mittlerweile 300 Mitglieder.

Im Zeitraum zwischen 2002 und 2009 ging die Häufigkeit dieser Vorfälle in London von 5,9 auf 4,4 pro 10.000 Einwohner zurück. Messerangriffe stellen dagegen ein größeres Problem dar. Ihre Häufigkeit stieg zwischen 2003 und 2009 von 13,7 auf 16,8 pro 10.000 Einwohner. Viele Gewalttaten hängen mit der Gang-Kultur zusammen. Nach Schätzungen der Internetseite londonstreetgangs.com sind derzeit in London etwa verbrecherische 250 Jugendgangs aktiv, darunter unverhältnismäßig viele Schwarze. Gegen rund neunzig davon wurde bereits wegen Mordverdachts ermittelt.

Das Problem: Wenn die Polizei dann tatsächlich einmal versucht, hier hart durchzugreifen, wird sie sofort des Rassismus bezichtigt. Aber es muß etwas geschehen – je schneller, desto besser.

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