© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/12 09. März 2012

Umwelt
Atomarer Wahnsinn
Volker Kempf

Die französischen Atombehörden überprüften nach der Fukushima-Katastrophe die Erdbebensicherheit im AKW Fessenheim – es liegt an der elsässischen Rheinseite, nur 20 Kilometer südwestlich des grün regierten Freiburg im Breisgau. Zwei statt nur eineinhalb Meter müsse eine 80 Quadratmeter große Betonplatte im ältesten Atommeiler Frankreichs stark sein, forderten die Experten – in Fukushima war sie vier Meter dick und half dennoch nicht. Demonstrationen gab es daher diesseits wie jenseits des Rheines. Staatspräsident Nicolas Sarkozy erklärte kürzlich bei einem Besuch der Anlage aber, weiter auf Atomstrom aus Fessenheim setzen zu wollen, da er für Frankreich „unverzichtbar“ sei. Anläßlich der Präsidentschaftswahlen im April wirbt Sarkozys Herausforderer François Hollande damit, im Falle seines Sieges das AKW Fessenheim stillegen zu wollen (JF 10/12).

Der Sozialist liegt in Umfragen deutlich vor Sarkozy. Die an dritter Stelle rangierende Marine Le Pen bezeichnet den Atomausstieg zwar als anzustrebendes und schrittweise umzusetzendes Ziel. Vom Ende einer Laufzeitverlängerung für Fessenheim spricht die Chefin des rechten Front National (FN) aber nicht. Der an vierter Stelle liegende François Bayrou will den Atomstromanteil von 70 Prozent zwar ebenfalls reduzieren. Mehr verspricht aber auch der Kandidat der christlich-liberalen UDF nicht. Bei der Stichwahl am 6. Mai wird mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Sarkozy und Hollande gerechnet. Damit wird ein politisches Erdbeben in Frankreich möglich, das an der Zukunft des AKW Fessenheim nachhaltig rütteln könnte. Wenn die Wirtschaftskraft eines Landes wirklich am Atomstrom hängt, dann müßte Frankreich deutlich besser dastehen als Deutschland. Das ist aber nicht der Fall. Daher ist es Wahnsinn, ein Ende des AKW Fessenheim als „Wahnsinn“ (Sarkozy) zu bezeichnen.

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