© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/12 09. März 2012

Dilek Kolat soll als Senatorin für Integration sorgen, während ihr Mann das Gegenteil betreibt
Pikantes Doppel
Ronald Berthold

Eigentlich muß man sich wundern, daß bisher in Deutschland noch kein Bock zum Gärtner bestellt worden ist. Denn dies würde der Logik entsprechen, die bei der Stellenbesetzung in der Migrationsarbeit an Bedeutung gewinnt. Viele Ausländerbeauftragte, und inzwischen auch Integrationsminister, haben selbst ausländische Wurzeln – was kein Probleme wäre, wäre zumeist nicht genau dies das Kriterium für ihre Wahl.

Nach Niedersachsen und Baden-Württemberg leitet nun auch in Berlin eine türkischstämmige Frau dieses Ressort. Dilek Kolat ist seit hundert Tagen im Amt. Die 45jährige ist wie ihr Mann Kenan in der Türkei geboren. Beide sind SPD-Mitglieder und haben politisch viel gemeinsam.

Kenan Kolat ist Chef der Türkischen Gemeinde in Deutschland (TGD). Vor allem die Ehe mit dem Lobbyfunktionär macht ihr Senatorenamt heikel. Denn er hat sich gegen Integration seiner türkischen Landsleute in Deutschland ausgesprochen, redet lieber von „Partizipation als Integration“. Integration werde von der Mehrheit „als vollständige Anpassung und in Teilen als Assimilation verstanden. Partizipation dagegen als Teilhabe an allen Lebensbereichen“, begründete der Ehemann seine Ansicht, die den Namen des Amtes seiner Frau konterkariert. Motto: Nehmen – nämlich Partizipation –, ja bitte. Geben – also Integration –, nein danke.

Daher stellt sich die Frage, ob das Etikett „Integration“ in der Berliner Senatsverwaltung nicht über die eigentliche Arbeit der Behörde unter Frau Kolat hinwegtäuscht. Geht es vielleicht vielmehr um Lobbyarbeit? Als Senatorin verteilt Dilek Kolat große Summen von Steuergeldern an die Migrationsverbände.

900.000 Euro dieser Fördermittel erhielt 2010 der Türkische Bund Berlin, dessen Geschäftsführer bis vor kurzem ebenfalls ihr Mann war. Einen Monat nach der Ernennung seiner Frau zum Mitglied der Landesregierung gab er das Amt auf. „Es soll nicht der Eindruck entstehen, es gebe einen Filz“, zitierte ihn die Presse zur Begründung.

Das Problem wurde damit nur scheinbar und für die Hauptstadtmedien aus dem Weg geräumt. Denn ein Kolat-Freund folgte diesem im Amt nach. Und außerdem bleibt der bekennende Doppelstaatler Vorsitzender der Türkischen Gemeinde. Diese wiederum betreibt auch die Politik ihres Herkunftslandes. Sobald in Deutschland der Völkermord an den Armeniern thematisiert wird, meldet sich mit der Moralkeule der Unterdrückten die Türkische Gemeinde zu Wort. Daß über die 1,5 Millionen Toten des Genozids in brandenburgischen Schulbüchern berichtet wird, bezeichnet Kenan Kolat als „Gefährdung des inneren Friedens“.

Dilek Kolat ist in den ersten hundert Tagen ihrer Amtszeit dagegen eher unauffällig geblieben. Die studierte Wirtschaftsmathematikerin erledigt ihr Amt in aller Diskretion. Bisher hat sich kein Migrantenverband über Benachteiligungen beschwert.

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