© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/12 09. März 2012

Bundesrat will Tatbestand Haßkriminalität einführen
Zeitgeist-Dekor
Günter Bertram

Nach geltendem Strafrecht muß der Richter die Schuld, aber nicht zuletzt auch Beweggründe, Ziele und Gesinnung des Täters in die Waagschale seiner Strafzumessung legen. Was der Bundesrat dem jetzt hinzufügen will, scheint kaum mehr als ein zeitgeistiges Dekor zu sein, das er aus den gängigen Diskriminierungskatalogen hat abschreiben lassen.

Aber dem Strafrichter ist von Verfassungs und Gesetzes wegen geboten, so gut er kann gerecht zu strafen, sachlich zu urteilen und sich keinesfalls zum willigen Vollstrecker einer aufgeregten Politikergilde degradieren zu lassen. Was würde diese wohl sagen, wenn er hingegen nach dem neuen Erschwerungsgrund „... wegen seiner politischen Einstellung“ einen „Linken“, der einem „Rechten“ seine „Zivilcourage“ tatkräftig demonstriert und dafür auch obrigkeitliches Lob erhalten hatte, demnächst drakonisch abstraft?

So sei das Gesetz natürlich nicht gemeint gewesen, was ja auch schwarz auf weiß in hundert einschlägigen Erklärungen stehe. Aber vielleicht ist hier nichts ganz ernst gemeint – und der Bundesrat will auch nur einmal „ein Zeichen“ setzen und öffentlichen Beifall kassieren. Auch das wäre ein Laster.

 

Günter Bertram war Vorsitzender Richter am Landgericht Hamburg

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