© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/12 02. März 2012

Röng Töng Töng Töng Töng Töng
Ein Ackerschlepper zieht tiefe Nostalgiefurchen: Der Lanz Bulldog hat eine treue Fangemeinde
Joachim Feyerabend

Die Oldtimerfreunde Scharrel-Sedelsberg in der Nähe des Dollarts feierten ihn als den ungekrönten König unter den historischen „Dieselrössern“, die zum zehnjährigen Klubjubiläum ihre Motoren blubbern ließen: Den 35 PS starken Lanz Bulldog, Baujahr 1939, im Besitz von Martin Lamping. 180 Freunde alter Fahrzeuge und Maschinen sogen seine bläulichen Dieselschwaden wie Weihrauch durch ihre Nasen.

Die „Lanz-Euphorie“ scheint keine Grenzen zu kennen. Ende Juli 2012 treffen sich die Lanz-Freunde beispielsweise im Technik-Museum Speyer, um ihre inzwischen begehrten Sammlerstücke vorzuführen. Die „Schrottis“, wie sie von anderen Zeitgenossen spöttisch betitelt werden, bewahren ein Stück deutscher Agrargeschichte aus der Mechanisierung der Landwirtschaft.

Sie haben, so heißt es auf der Museumsnetzseite zur Bulldog-Parade (www.speyer.technik-museum.de), „in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg entscheidend zur Ertragssteigerung in der Landwirtschaft beigetragen“. Und die Dampfpflüge technologisch abgelöst, auch wenn die „Lokomobile“ wie im Oderbruch bis 1948 im Einsatz blieben.

Der Mythos kam im Nachkriegselend zur Welt: 1921 entwarf der Ingenieur Fritz Huber den ersten Lanz Bulldog mit zwölf PS – legendär wegen seiner Brennstoffgleichgültigkeit: Der Einzylinder-Glühkopfmotor begnügte sich mit Teerölen, Destillationsrückständen wie Naphtha und Mazut und sonstigen Schwerölen, für die es bis dahin keinen Motor gab. Nicht zuletzt geht der Name des Ackerschleppers auf die Ähnlichkeit des wuchtigen Motors mit einer Bulldogge zurück. Der Lanz Bulldog wurde bald zum Verkaufsschlager des Mannheimer Landmaschinenherstellers Heinrich Lanz, der ursprünglich britische Göpel, Futterschneid- und Dreschmaschinen importierte, vertrieb und reparierte. Auch nach der Firmenübernahme durch das US-Unternehmen John Deere 1956 lief der Kulttraktor weiter vom Band. Insgesamt über 200.000 Exemplare. Von Schleswig bis Konstanz zogen Lanz Bulldogs die Ackerfurchen.

Sogar die Ostfriesen liebten den „Trecker“. Ihre Nostalgie hält bis heute an: Bei einem Oldtimertreffen in Walchum präsentierten kürzlich 30 Vereine aus der Region ihre Schmuckstücke, 500 betagte Traktoren. Hier war ein Lanz Bulldog, Baujahr 1929, aus den Niederlanden das Prunkstück der Veranstaltung. Und das Vergnügen hat seinen Preis: So kostet etwa ein 20-PS-Lanz-Bulldog mit Trabert-Wohnanhänger schlanke 14.000 Euro, ein Lanz D 1306 mit 13 PS vom Baujahr 1956 wird für 5.250 Euro angeboten.

Die Fachwerkstatt „LANZmannheim“ in Hilgert/Westerwald vermittelt außer einem Reparatur- und Ersatzteilservice auch Modelle wie etwa den Lanz D 9506, Lanz D 7506, Lanz D 1506, den Lanz Eilbulldog oder den Lanz D 7506. Als besonderes Objekt der Begierde betrachten Sammler den Lanz HR 2 22/28 PS, einen sogenannten Verdampfer mit äußerst seltener Zusatzkühlung.

Der Lanz HR 5 15/30 PS Verkehrsbulldog gilt mit seiner glänzend schwarzen Lackierung als der schönste aller je gebauten Lanz-Traktoren. Er hat beinahe etwa vom Glanz eines Rolls Royce an sich. Auch der Lanz D 8506 ist mit seinem 35-PS-Glühkopf-Motor eine Rarität und imponiert durch seine seitlichen schweren Riemenscheiben. Wer einmal auf dem Sitz eines Bulldogs saß, erliegt dem Mythos. Wie die Brüder Franz und Michael Schuth aus Rheinland-Pfalz, die unter dem Motto „Mit dem Bulldog um die Welt“ jedes Jahr zwei große Ausflüge auf dem Schlepper machen. Mit anderen „Schrottis“ tuckerten sie schon nach Frankreich, auf die Insel Sylt, in die Schweiz, die Steiermark und in die Bundeshauptstadt Berlin.

Seiten für Liebhaber und Einsteiger: www.derlanzmannheim.de und www.lanz-bulldog-homepage.de

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