© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/12 24. Februar 2012

Frisch gepresst

Ernst Jünger. Selbst Gelegenheitslesern bleibt nicht verborgen, daß die intellektuelle Biographie Ernst Jüngers vom Aktivismus des „Arbeiters“ zur Kontemplation des „Waldgängers“, von der politischen Tatbereitschaft des „konservativen Revolutionärs“ im Weltbürgerkrieg zur beschaulichen Existenz des Sanduhrensammlers in der oberschwäbischen Provinz führte. Aus diesem eher banalen Lektüreerlebnis eine dicke Doktorarbeit mit dem handlichen Titel „Von der Tat zur Gelassenheit“ (Göttingen 2007, JF 14/08) zu verfertigen, blieb freilich dem Berliner Historiker Daniel Morat vorbehalten. Morats Arbeit, die am Beispiel der Rückzugsstrategien der Brüder Jünger und Martin Heideggers eigentlich nur Selbstverständliches über die Entwicklung konservativen Denkens zwischen 1920 und 1960 auf den Punkt brachte, erlebte zwei Auflagen und beeinflußt seitdem die Jünger-Forschung in beachtlicher Weise. Was einmal mehr die von Matthias Schöning und Ingo Stöckmann edierte anregende Aufsatzsammlung über den Bundesbürger Ernst Jünger bestätigt, wo auch Morat seinen Faden mit einer Studie über dessen Essayistik in den Fünfzigern („Die Entpolitisierung des Politischen“) weiterspinnt. (kn)

Matthias Schöning, Ingo Stöckmann (Hrsg.): Ernst Jünger und die Bundesrepublik. Ästhetik – Politik – Zeitgeschichte. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2012, gebunden, 338 Seiten, Abbildungen, 99,95 Euro

 

Jesus politisch korrekt. Mit der Bibel im Rücken läßt sich allerhand argumentieren. Wie der Mainzer Theologe Sebastian Moll in seinem angriffslustigen Essay erläutert, konnten immer wieder Ideologen der Versuchung nicht widerstehen, ihre Theorien mit Thesen aus der Heiligen Schrift zu unterfüttern. Schnell wird mit derlei Bibelinterpretationen aus Jesus ein Vegetarier oder Antidiskriminierungsbeauftragter, seine Jünger zu frühen Vorkämpfern der Schwulenbewegung. Molls Kritik ist nicht neu, der bekannte Koblenzer Theologe Roman Heiligen-thal beklagte bereits in den neunziger Jahren in seinem Werk „Der verfälschte Jesus“ diesen Exegese-Mißbrauch. Dennoch rechtfertigen spätere Auswüchse bis hin zur „Bibel in gerechter Sprache“ seine Analyse allemal, in der anschaulich und konkret Beispiele zu den Themen Tierschutz, Frauen bzw. Gleichstellung, Homosexualität und dem Verhältnis des Chistentums zum Judentum präsentiert werden. (bä)

Sebastian Moll: Jesus war kein Vegetarier. Berlin University Press, Berlin 2011, gebunden, 110 Seiten, 17,90 Euro

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