© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/12 24. Februar 2012

„Volksentscheid jetzt!“
Konferenz zur Euro-Krise: Kritiker der Währungsunion trafen sich in Berlin / Neue D-Mark und Parallelstandard
Andreas Ferber

Der Kontrast hätte nicht schärfer sein können: Im Berliner Regierungsviertel wurde am vergangenen Sonnabend für die Freigabe der nächsten 130 Milliarden Euro für Griechenland getrommelt und nebenbei unter ebenso aufgeregter medialer Begleitung die Nachfolge des zurückgetretenen Christian Wulff debattiert. Am Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Adlershof (Wista) im Südosten von Berlin wurde dagegen von knapp 300 Interessierten die für die Deutschen viel entscheidendere Frage gestellt: „Der Euro ist gescheitert. Was nun?“

Bereits vor anderthalb Jahren, bei der ersten, ebenfalls von dem linken Publizisten Jürgen Elsässer organisierten Euro-Konferenz in Berlin-Schöneweide waren „Wege aus der Gefahr“ (JF 40/10) aufgezeigt worden – doch die Politik hat bekanntlich den gegenteiligen Weg eingeschlagen. Aber der ist längst nicht mehr nur finanziell gefährlich, sondern er stellt auch eine ernsthafte Gefährdung der Demokratie dar, warnte Elsässer in seiner Eröffnungsrede. Man befände sich inzwischen in Zeiten des „nationalen und internationalen Notstandes“.

Doch wie kann man aus der Euro-Sackgasse ausbrechen? Denn die Euro-Rettung wird scheitern, davon ist der Ökonom Wilhelm Hankel – und inzwischen auch die Mehrheit seiner Fachkollegen – überzeugt. Der Währungsexperte sieht wie in der Finanz- auch in der Euro-Krise letztlich nur einen „Retter“ übrigbleiben – den Staat. „Jeder Staat ist für sein eigenes Volk da, der deutsche für Deutschland und nicht für Griechenland.“ Der Euro sei weder Garant für den Frieden noch für Europa. „Europas Einigkeit und Integration hängt von ganz anderen Dingen ab. Vom kulturellen Austausch, vom Ideenaustausch, vom Handelsaustausch.“

Auch ein Ausstiegsszenario aus dem „Währungsexperiment Euro“ hatte Hankel parat: Die Rückkehr zum Europäischen Währungssystem (EWS) von 1979 bis 1998 und die Wiedereinführung der Nationalwährungen parallel zum Euro. Der wäre dann wie der damalige Ecu die gemeinsame europäische Recheneinheit und ein währungspolitisches Profil nach außen, etwa gegenüber dem Dollar. In einem solchen Parallelgeld-System könne jeder selbst entscheiden, in welcher Währung er seine Geschäfte abschließen wolle: „Allein die Tatsache, daß es zwei Währungen gibt, ist die sicherste Inflationsbremse. Denn der Wettbewerb der zwei führt automatisch dazu, daß man Anti-Inflationspolitik ernst nimmt“, so Hankel.

Daß die Euro-Krise zugleich eine – zu wenig beachtete – globale Dimension hat, legte Eike Hamer, Vorstandsmitglied im Mittestandsinstitut Niedersachsen, überzeugend dar. „Immer wenn der Dollar abzuschmieren drohte, hat die Europäische Zentralbank interveniert, um die internationale Kaufkraft des Dollar zu erhalten“, so der Herausgeber des Informationsbriefes Wirtschaft aktuell. „Wir haben also keine Politik im Interesse der europäischen Bürger gehabt, sondern eine Politik, die im Sinne der Wallstreet funktionierte.“

Oliver Janich, Bundesvorsitzender der kleinen libertären Partei der Vernunft (PdV), stellte nicht nur den Euro, sondern das Papiergeldsystem (Fiat Money) grundsätzlich in Frage. So weit wollten die anderen anwesenden Politiker (unter anderem von der ÖDP und den Freien Wählern) indes nicht gehen. Daher dürfte das von Compact-Chefredakteur Elsässer angestrebte Bündnis der „vernünftigen Kräfte“ (libertäre Geldrebellen und soziale Marktwirtschaftler) nur geringe Chancen haben, wie auch die Podiumsdebatte verdeutlichte.

Für Einigkeit sorgte dann wieder der Vortrag Karl Albrecht Schachtschneiders, der weniger ökonomisch denn politisch argumentierte. Für den durch seine Verfassungsklagen bekannten Staatsrechtler ist der Euro vor allem eine „Gefahr für die Demokratie“. Durch die diversen Euro-Rettungsmaßnahmen entwickle sich die EU in Richtung Superstaat. Das demokratische Prinzip bedürfe jedoch der kleinen Einheit, nicht aber einer geopolitischen Großmacht. Unter lautem Beifall plädierte Schachtschneider für bundesweite Volksentscheide, was sich als zentrale Forderung in der von den Anwesenden beschlossenen „Adlershofer Erklärung“ wiederfindet. Mit Volksentscheid hätte es den Euro ja nie gegeben.

Eher praktische Tips und Antworten auf die Frage „Wie rette ich mein Geld?“ hatte zum Schluß des Vortragsreigens der österreichische Investor und Betreiber der Internetplattform Hartgeld.com Walter Eichelburg parat – schließlich hatten die Zuhörer 60 Euro Eintritt bezahlt. Ob Gold, Silber oder ein schuldenfreies Anwesen das Beste sind, muß allerdings jeder selbst entscheiden.

Die „Adlershofer Erklärung“ der Euro-Konferenz am 18. Februar 2012 in Berlin: www.eurokonferenz.wordpress.com 

Foto: Euro-Kritiker Hankel (o.), Hamer (l.) und Schachtschneider in Berlin-Adlershof: „Wir werden keine Partei mehr wählen, die uns Steuerzahler weiter in Haftung nimmt für die Stützung des Euro.“

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