© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/12 24. Februar 2012

Timo Vuorensola hat einen bizarren Film über Nazis auf dem Mond gedreht
Angriff der Reichsufos
Michael Kreuzberg

Der Astronaut eilt mit schwebenden Schritten über die Mondkrater, hinter sich die ewige Nacht des Weltalls. Ist es Neil Armstrong, ist es Buzz Aldrin? Doch halt – anstelle des Sternenbanners wird eine Hakenkreuzfahne entrollt! Der Raumfahrer hebt die Hand zum „deutschen Gruß“ und schmettert herrisch: „Das ist ein kleiner Schritt für den Menschen, aber ein großer Schritt für das Vaterland!“

Ein Schnitt ins Jahr 2018: Die seit 1945 außerirdisch exilierten Nazis haben „auf der dunklen Seite des Mondes“ eine Weltraumbasis im Albert-Speer-Stil gebaut, von der aus sie nun eine Flotte „Reichsflugscheiben“ genannte Ufos zur Rückkehr auf die Erde mobil machen. So zu sehen in der im Netz kursierenden Vorschau des Kinospektakels „Iron Sky“ des finnischen Regisseurs Timo Vuorensola. Dieser hat sich bereits mit billigen, aber erfindungsreichen „Star Trek“-Parodien einen Namen in der Szene der internationalen Science-fiction-Nerds gemacht.

So bizarr die Idee des augenzwinkernden Epos klingen mag, sie hat einen historischen Kern: So soll die von dem genialischen Tüftler Andreas Epp entworfene „Reichsflugscheibe“, die nach erhaltenen Konstruktionsplänen tatsächlich die Form einer „fliegenden Untertasse“ hatte, im Februar 1944 als Teil des deutschen „Wunderwaffen“-Programms getestet worden sein.

In den siebziger Jahren war es vor allem der berüchtigte Ernst Zündel, der die Flugscheiben-Legende einem einschlägigen Publikum schmackhaft machte. Autoren wie der chilenische Esoteriker Miguel Serrano fügten weitere Elemente hinzu: Hitler habe das Inferno von Berlin überlebt und sich in die Antarktis zurückgezogen, wo er unterirdisch mit mystischen „Vril“-Strahlen frischgehalten wird. Bald war ein moderner Mythos entstanden, der heute noch Anhänger im politischen Narrensaum findet, aber auch Freunde utopischer Literatur in den Bann schlägt.

Um des Führers Untertassen startklar zu machen, war Vuorensola (32) als unabhängiger Guerilla-Filmer auf die auch finanzielle Mithilfe seiner weltweit wachsenden Fangemeinde angewiesen, die im Gegenzug auf einer eigens eingerichteten Netzseite laufend über den Fortschritt der Produktion unterrichtet wurde und sogar eigene Ideen einbringen durfte. Die per Computeranimation erzeugten und mit Musik der Industrial-Band Laibach unterlegten Film-szenen im Diesel-Punk-Stil, die auf ironsky.net betrachtet werden können, sind für eine niedrig budgetierte Produktion erstaunlich. Und Vuorensola ist es gelungen, namhafte Schauspieler wie Julia Dietze, Götz Otto, Tilo Prückner und Udo Kier zu gewinnen. Als Angriffsdatum der Flugscheibeninvasion gilt der 5. April. Angriffsziel: Kinos in über zwanzig Ländern. „Watch the skies!“, so die Parole der Science-Fiction-Fans: „Behaltet den Himmel im Auge!“

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