© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/12 24. Februar 2012

Letten lehnen Russisch als Amtssprache ab
Ein bleibendes Problem
Werner Becker

Die vor 20 Jahren verblichene Sowjetunion läßt in Lettland immer noch grüßen. Nachdem das Land 1940 gewaltsam in die UdSSR „aufgenommen“ worden war, kam es nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer massenhaften Einwanderung von ethnischen Russen, die als Fabrikarbeiter und Militärangehörige dauerhaft im Land blieben.

Das nur anderthalb Millionen Menschen umfassende Titularvolk der Letten geriet vor allem in den Städten bald in eine Minderheitenposition. Die lettische Sprache wurde zwar weiter in den Schulen gelehrt und auch kulturell gefördert. In Regierungs- und Verwaltungsstellen saßen jedoch häufig Russen, deren Sprache, die selbstverständlich überall Pflichtfach war, praktisch dominierte.

Das änderte sich erst, als das Land 1991 unabhängig und Lettisch wieder Staatssprache wurde. Nun hatten die Russen, von denen viele im Land blieben, ein Problem, wenn es ihnen nicht gelang, Lettisch zu lernen. Ihr Versuch, am vergangenen Wochenende per Volksabstimmung Russisch als zweite Amtssprache zu etablieren, ist vorerst gescheitert – vor allem, weil viele Russen, die mangels lettischer Sprachkenntnisse nicht die lettische Staatsangehörigkeit erhalten konnten, nicht stimmberechtigt waren. Sie bleiben dennoch im Land und damit ein Problem, nicht nur für die Letten, sondern für die ganze Europäische Union.

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