© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/12 17. Februar 2012

Deutsche Gründlichkeit
Bürokratie: Mit einem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz soll die Mülltrennung verfeinert werden
Richard Stoltz

In Deutschland gibt es eine ausgedehnte „Müllbehandlungskultur“, gesetzliche Regelungen für Emissionswerte, Abfalltrennung, Sonderbehandlung von PVC, Glas, Batterien. Vor der Haustür stehen mindestens drei Mülltonnen, eine grüne, eine blaue und eine gelbe. In die grüne kommt der Biomüll, zum Beispiel verdorbene Lebensmittel, Blumen etc., in die blaue kommt das Altpapier, in die gelbe Plastik, Verpackungen aus Kunst- und Verbundstoffen, Metalle. Daran hatte man sich allmählich gewöhnt, damit hatte man sich arrangiert.

Aber jetzt droht Unheil in Form eines neuen Kreislaufwirtschaftsgesetzes, das in Bundestag und Bundesrat sämtliche Expertenhürden passiert hat und demnächst in Kraft treten soll. Dieses Gesetz nun bürdet dem Normalbürger Zusatzarbeiten auf, die ihn schlichtweg überfordern und die ihm seinen ohnehin schon mit bürokratischen Auflagen vollgestellten Alltag weiter vergällen werden. Neuer politischer Frust ist absehbar.

Natürlich geht es um den „Restmüll“, um die gelbe Tonne, die den politischen Gewalten schon immer ein Dorn im Auge war. Es müssen Spezialtonnen aufgestellt werden, fordern sie, damit „den Mitbürgerinnen und Mitbürgern“ ihre ökologische Eigenverantwortung endlich voll bewußt gemacht werden kann, Tonnen für Metallabfall, Glasabfall, Kunststoffabfall in jeweiligen Extrafarben. Und es müssen ausführliche Merkblätter für die Haushalte her, in denen steht, was wann wohin gehört.

Was ist mit dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz (KWG) aber wirklich beabsichtigt? Soll etwa die hierzulande hoch entwickelte (und nicht billige) Müllwirtschaftsindustrie auf Kosten der Bürger radikal „verbilligt“ und weiter verbürokratisiert werden? Dem Bürger jedenfalls ist blümerant zumute, nicht zuletzt wegen der zu erwartenden vielen farbigen Tonnen vor der Haustür und wegen der vielen Merkblätter an derselben.

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