© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/12 17. Februar 2012

Unbekannte Größe
Saarland: Die kleineren Parteien fürchten, bei der Neuwahl an der Saar zwischen den etablierten Parteien zerrieben zu werden
Michael Martin

Es scheint, als würden die Sterne für den saarländischen Landesverband der Piratenpartei nicht sonderlich günstig zu stehen. Es war um die Jahreswende, als der Pressesprecher Thomas Brück der Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen eine „lange Amtsdauer“ wünschte. Zwar lagen die Piraten zu diesem Zeitpunkt in den Meinungsumfragen bereits bei vier Prozent, doch die Strukturen waren zu diesem Zeitpunkt mehr als schwach. Nun, nachdem die Dreier-Koalition in die Brüche gegangen ist und am 25. März neu gewählt wird, geben die Piraten Gas.

Der Verband steht unter besonderer Beobachtung, würde ein Scheitern doch einen empfindlichen Rückschlag nach dem Triumph in Berlin bedeuten. Die Aussicht auf Neuwahlen hat dem kleinen Landesverband, der in Windeseile 900 Unterstützungsunterschriften sammeln mußte und drei Kreisverbände gründete, in den Umfragen nicht befügelt. Immer noch hängen die Piraten unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde. Als Spitzenkandidatin wurde die
22 Jahre alte Landesvorsitzende Jasmin Maurer gewählt: „Wir werden uns jetzt komplett auf Themen konzentrieren“, sagte Maurer. Die Piratenpartei will an der Saar mit einem Vollprogramm antreten, also nicht nur die Kernthemen der Partei – etwa die Netzpolitik – ansprechen. „Wenn man in der Politik ernstgenommen werden möchte, darf man sich nicht nur auf wenige Themen konzentrieren“, sagte Maurer der Süddeutschen Zeitung. Es wird in der Tat auf die Themen ankommen, denn bekanntes Personal haben die Piraten nicht zu bieten. In der Partei wird zudem befürchtet, man könne aufgrund der Mobilisierung der großen Parteien zerrieben werden.

Dies ist im übrigen ein Problem, mit dem mehrere kleine Parteien zu kämpfen haben. So haben auch die Freien Wähler etwas überraschend den Hut in den Ring geworfen. Ihr Spitzenkandidat ist der Saarbrücker Stadtverordnete Bernd Richter, früher einmal Oberbürgermeisterkandidat der FDP. Um die erforderlichen Unterstützungsunterschriften zu sammeln, erhalten die „Freien“ Verstärkung aus Rheinland-Pfalz. Ein Erfolg bei der Landtagswahl scheint dennoch unrealistisch. Im Saarland sind die Freien Wählergruppen im Gegensatz zu anderen Bundesländern nicht sonderlich stark. Thematisch setzen die Freien Wähler auf Basisdemokratie und Volksbefragungen. Außerdem solle der Landtag künftig als Feierabend-Parlament agieren, um Kosten zu sparen.

Eine unbekannte Größe bei der Landtagswahl könnte die bürgerliche Familienpartei spielen, die im Ost-Saarland ihre traditionelle Heimat hat. Sie sorgte unlängst für Aufsehen, als sie in der Kreisstadt St. Ingbert mit ihrem Kandidaten Hans Wagner den CDU-Amtsinhaber Georg Jung bei der Oberbürgermeisterwahl schlagen konnte. 2004 erreichte die Partei rund drei Prozent, bei der Wahl 2009 waren es immerhin zwei Prozent, was aufgrund der Mobilisierung durch Oskar Lafontaines Linkspartei als Erfolg zu werten war. Spitzenkandidat ist in diesem Jahr Landeschef Andreas Körner. Der 39 Jahre alte Betriebswirt und Familienvater sieht angesichts des steigenden „Armutsrisikos Familie“ dringenden politischen Handlungsbedarf. „Wer sich heutzutage rational und ökonomisch verhalten will, muß sich in letzter Konsequenz gegen das Lebensmodell ‘Familie mit Kindern’ entscheiden. Dies ist für eine Gesellschaft ein ungesunder Zustand.“ Zulauf könnte die „Familie“ aus Reihen frustrierter FDP-Wähler erhalten. Der regionale Kreisverband der Liberalen befindet sich in einem Zustand der Auflösung. Auf Ex-Liberale setzt auch die Freie Union der ehemaligen CSU- und Freie-Wähler-Politikerin Gabriele Pauly, die überraschend zur Wahl antritt und auf der Kandidatenliste zwei ehemalige FDP-Ortspolitiker präsentiert. Spitzenkandidat ist Andreas Deutscher, Ex-Landeschef der Schill-Partei. Ob die Freie Union die nötigen Unterschriften auftreiben kann, scheint aber mehr als fraglich.

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